FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2018

sachwerte I sandra bauernfeind | ehl immobilien + daniel riedl | buwog 138 www.fondsprofessionell.at | 1/2018 Foto: © Günter Menzl I n den angesagten Metropolen London, Paris und NewYork ist eine Wohnung in der City purer Luxus. Im Vergleich dazu ist Österreich spottbillig. Der Immo- bilienboom und die demografische Ent- wicklung verändern jedoch die Situation. In den begehrten Zentren ist die Zeit des günstigen Wohnens vorbei. Bei leicht sin- kenden Haushaltseinkommen müssen die Österreicher deutlich mehr fürs Wohnen bezahlen als vor vier Jahren, berichtet die Plattform Immobilienscout24. Die Wohnungsmarktberichte, die Bu- wog und EHL seit fünf Jahren veröffent- lichen, sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. In Wien stieg zwar das Durch- schnittseinkommen seit 2013 um zwei Prozent, die Durchschnittsmiete für eine neu errichtete Wohnung stieg allerdings um gut sieben Prozent auf 11,65 Euro. Im selben Zeitraum schnellten die Kaufpreise um ein Fünftel auf durchschnittlich 4.600 Euro pro Quadratmeter in die Höhe (alle Zahlen ohne 1. Bezirk). Trotzdem sehen Buwog und EHL den Wiener Wohnungsmarkt „in bester Ver- fassung“. Warum das so ist, erklären Buwog- Vorstandschef Daniel Riedl und EHL-Ge- schäftsführerin Sandra Bauernfeind im Gespräch mit FONDS professionell. In Deutschland gab es kürzlich wieder Stimmen, die vor Preisübertreibungen auf den Immobilienmärkten in den großen Metropolen gewarnt haben. Wie schätzen Sie die Lage in Deutschland und Österreich ein, Herr Riedl? Daniel Riedl, Buwog: Für beide Länder gilt, dass der Zuzug in die Städte ungebrochen ist. In den großen Städten haben wir nachhaltiges Bevölkerungswachstum, und in den meisten Städten reicht die Produktion neuer Wohnun- gen nicht aus, um die Nachfrage zu befriedi- gen. Die Imbalance zwischen Angebot und Nachfrage führt dazu, dass die Preise steigen. Sind deshalb Preisübertreibungen aus- geschlossen? Riedl: Sie vermeiden in Ihrer Frage das Wort Blase. Eine Blase benötigt mehr als eine Imbalance zwischen Angebot und Nachfrage. Es braucht vor allem finanzierungsinduzierte Nachfrage und Banken, die bei der Kreditver- gabe lax sind. Das gibt es weder in Deutsch- land noch in Österreich. Der Eigenkapital- anteil ist hoch und der Anteil der Investoren- nachfrage am Eigentumswohnungsmarkt ist nicht extrem hoch, sodass ich auch bei einer Veränderung des Zinsumfelds nicht davon ausgehe, dass die Preise sofort sinken oder dass die Nachfrage zusammenbricht. Glauben Sie, dass die enormen Preisstei- gerungen in den Städten gesund sind? Riedl: Es gibt sicher Städte, die herausragen. Berlin hat das intensivste Wachstum der letzten Jahre. Dort gehe ich von einem Aufholen und nicht von einem Davon- laufen der Preise aus. In München sind die Preise nachhaltig viele Jahre schon so hoch. In Hamburg ist die Politik umsich- tig und hat dafür gesorgt, dass eine ver- nünftige Quote an sozialem Wohnbau errichtet wird. Auch in Frankfurt würde ich nicht davon ausgehen, dass die Nach- frage zusammenbricht, abhängig vom „Brexit“ wird die Nachfrage dort mögli- cherweise sogar kräftig steigen. Das lässt sich heute aber nicht wirklich abschätzen. Sandra Bauernfeind, EHL: Wien hat nicht nur durch den Zuzug, sondern auch durch eine positive Geburtenbilanz eine positive Bevölkerungsentwicklung. Daher werden das Bevölkerungswachstum und die hohe Wohn- raumnachfrage sicher anhalten. Eine Blase ist nicht zu sehen. Und was kann im schlimms- ten Fall passieren? Notverkäufe sehen wir nicht, wenn die Zinsen steigen, weil sehr viel Eigenkapital im Spiel ist. Damit ist das Risi- ko, dass man bei einemWohninvestment ein- geht, überschaubar. Auch wenn die Wertstei- gerung ein, zwei oder drei Jahre ausbleibt, der Wert einer Wohnung kann nicht massiv sin- ken oder sich in nichts auflösen. Die heutigen Preise können sich junge Menschen, gewöhnliche Arbeiter oder Familien kaum leisten, und es verfügen längst nicht alle über 150.000 Euro Er- Preise steigen, solange es die Konsumenten tolerieren. Bei Wohnungen ist der neue Maßstab die Leistbarkeit. FONDS professionell sprach mit Sandra Bauernfeind , EHL Gruppe, und Daniel Riedl , Buwog Group, über die Gründe und Grenzen der Preisexplosion in den vergangenen Jahren. „Keine Blase bei Wiener » Der Zuzug in die Städte ist ungebrochen. Die Imbalance zwischen Angebot und Nachfrage führt dazu, dass die Wohnungspreise steigen. « Daniel Riedl, Buwog Mag. Daniel Riedl Daniel Riedl ist seit November 2013 Vorstandsvorsitzen- der (CEO) der Buwog Group, stand aber bereits von 2004 bis 2011 an der Spitze des Immobilienkonzerns. Im April 2014 brachte der Manager das Unternehmen an die Bör- se. Die Buwog hält rund 50.000 Wohnungen in Deutsch- land und Österreich in ihrem Bestand. Im Geschäftsjahr 2016/2017 erwirtschaftete der Konzern einen Gewinn von 367 Millionen Euro. Bei Redaktionsschluss lief noch das Übernahmeangebot des deutschen Wohnungsunterneh- mens Vonovia an die Buwog-Aktionäre. Dipl.-Ing. Sandra Bauernfeind Sandra Bauernfeind hat an der Technischen Universität in Wien studiert und danach unter anderem im Asset Ma- nagement der Constantia Privatbank gearbeitet. Sie ist beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Immobilien. Seit 2007 ist Bauernfeind als Prokuristin und Geschäftsführerin bei der EHL Gruppe. Der Dienstleister war 2017 nach eigenen Angaben in Immobilientrans- aktionen im Wert von 1,7 Milliarden Euro involviert. Außerdem hat EHL als Makler unter anderem 970 Miet- sowie Eigentums- und Vorsorgewohnungen vermittelt.

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