Häufig benötigen neue Produkte eine gewisse Zeit, bis sie sich am Markt durchsetzen. Möglicherweise ergeht es dem Pan-European Personal Pension Product (PEPP) ähnlich. Die Europarente, die in der vorgeschriebenen Standardversion (Basis-PEPP) ein in andere Länder portables, kostengünstiges Altersvorsorgeprodukt mit Kapitalgarantie oder einer Risikominderungstechnik zur Verlustbegrenzung sein soll, kann seit dem 22. März angeboten werden. Bisher hat aber kein einziger Anbieter in Deutschland, Österreich oder einem anderen europäischen Land solche Verträge. Daniel Ziska, Experte für internationales Steuerrecht und steuerpolitischer Berater des Vermittlerverbands AfW, erklärt im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE die Details für einen der Gründe, weshalb die Branche noch keine PEPPs ins Regal gestellt hat.

Herr Ziska, Asset Manager und Versicherer geben als Hauptgrund für ihre Entscheidung, keine Europarente anzubieten, deren komplexe steuerliche Behandlung an. Was meinen diese damit?

Daniel Ziska: In der Europäischen Union gibt es keine einheitlichen Gesetze für die Einkommensteuer und Sozialversicherung. Jedes Land kocht sein eigenes Süppchen. PEPPs sehen nun vor, dass jeder Verbraucher in einem Land ein PEPP starten und dann mittels Unterkonten in einem anderen EU-Staat weiterführen kann. Er zahlt also je nach Lebens- und Berufsweg nicht nur in einem, sondern in zwei oder sogar mehr Staaten nach den dort jeweils geltenden Steuer- und Sozialversicherungsgesetzen ein. Das bedeutet einen großen Verwaltungsaufwand, wenn jemand später Renten aus verschiedenen Ländern bezieht. Diesen Aufwand fürchten die Finanzdienstleister.

Das müssen Sie erläutern.

Ziska: Wer in einem EU-Staat lebt, muss dort zumeist sein gesamtes Einkommen versteuern, auch wenn er es aus einem anderen Land bezieht. Das ist das sogenannte Welteinkommensprinzip. Wenn der Staat, aus dem das Geld fließt, diese Einkunftsquelle auch besteuert, kommt es zur Doppelbesteuerung. Das lösen Staaten in aller Regel durch ein Doppelbesteuerungsabkommen, das sozusagen die Vorfahrt bei der Besteuerung regelt. Wenn jemand aus mehreren Ländern eine Rente bezieht, hat das Land des Altersruhesitzes den ersten Zugriff. Danach wird geschaut, was die anderen bekommen. Diese Abkommen betreffen auch PEPPs. Hierbei wird oft auch geprüft, ob ein PEPP in der Anzahlphase steuerlich gefördert war und das Finanzamt dieses Landes daher einen Teil der Rente besteuert.

Haben Sie ein Beispiel?

Ziska: Natürlich. Wer in den Niederlanden lebt und vorher in Deutschland in ein PEPP-Konto eingezahlt hat, muss nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Ländern Steuern in den Niederlanden zahlen. Wenn aber der Brutto­betrag der Rente aus Deutschland mehr als 15.000 Euro pro Jahr beträgt, muss die Rente auch in Deutschland versteuert werden. Der PEPP-Kunde muss also eine Steuererklärung in Deutschland abgeben. Gleichzeitig muss er die Rente aber auch in den Niederlanden erklären. Dort wird er allerdings eine Steuerermäßigung erhalten, sodass die Rente in den Niederlanden im besten Falle steuerfrei ist.

Das ist tatsächlich kompliziert. Aber wo kommen die Anbieter hier ins Spiel?

Ziska: Sie können ihre Kunden dabei nicht alleine lassen. Sie müssen sie unterstützen, beispielsweise Steuern einbehalten, Reports erstellen oder Kunden ihre Steuern ausrechnen. Das ist ein großer organisatorischer Aufwand, den die Gesellschaften wegen der Laufzeit der Europarenten Jahrzehnte betreiben müssten. Wenn dann aus anderen Gründen wie der Marktlage ungewiss ist, ob die Europarente ein Erfolg wird, kann ich nachvollziehen, dass sie zögern, PEPPs anzubieten.

Wir danken für das Gespräch. (jb)


Leser finden in der Ausgabe 2/2022 von FONDS professionell ab Seite 254 den ausführlichen Artikel "Kein PEPP fürs Alter“ über die Hintergründe, warum Finanzunternehmen noch keine Europarente gestartet haben. Angemeldete Nutzer können den Artikel auch hier im E-Magazin lesen.