Versicherungsmakler dürfen durch die Fortschritte, die bei der GenKI in den vergangenen zwei Jahren gemacht wurden, auf hohe Effizienzgewinne hoffen. Doch nur wenige in Österreich können bisher davon profitieren. In einem Artikel, der in voller Länge in der aktuellen Printausgabe von FONDS professionell zu lesen ist, kritisieren die Betroffenen einen Modernisierungs-Unwillen bei den Anbietern von Kundenverwaltungsprogrammen (CRM).

In einer Umfrage von FONDS professionell unter österreichischen und deutschen ­Finanzberatern sagten knapp 80 Prozent, dass sie KI einsetzen wollen oder das schon tun. Viele lassen sich bereits bei organisatorischen Tätigkeiten helfen. Doch wenn es um den Kern der Maklertätigkeit geht – um die Akquise und Beratung – setzt bisher nur eine Minderheit auf digitale Hilfen aus der GenKI. Nicht freiwillig, wie sich zeigt. Denn viele gewerbliche Vermittler würden auf diese Möglichkeit gern deutlich umfassender zurückgreifen.

"Software-Anbieter reagiert zu spät"
Im Gespräch mit Maklern hört man immer dasselbe: Natürlich nutze man generative KI-Programme wie den Chatbot ChatGPT oder den Übersetzer DeepL. Was fehlt, ist aber eine Integration von GenKI in die Kundenverwaltungsprogramme.

Mirko Hämmerle vom Wiener Vermögensberater und Versicherungsmakler Goldengnu klagt wie andere Kollegen über mangelnden Support. "Mein Software-Anbieter reagiert da zu spät. Das ist einfach old school", so Hämmerle. Helfen würde ihm etwa eine Klassifizierung von Mails oder ein KI-gestützter Telefonservice. Was ihn außerdem stört: Die verfügbaren KI-Lösungen stammen meist von US-Anbietern; eine Beschwerde, die in der Branche öfter anklingt: Dass auf diese Weise Geld nach Übersee abfließt, ergibt für viele der meist lokal agierenden und von der Wirtschaft im eigenen Land unmittelbar abhängigen Versicherungsmakler kein stimmiges Bild.

Hohe Abhängigkeit
Ähnlich äußert sich Thomas Nußbaumer, Chef des Vorarlberger Branchenriesen Comit. "Leider ist man als Makler sehr vom CRM-Anbieter abhängig", bestätigt er. Comit investiert jährlich viel Geld, um eigene moderne KI-Bausteine programmieren zu lassen. Das ist nicht nur teuer für ein Einzelunternehmen, sondern oft auch technisch suboptimal: Solange die Lösungen nicht im CRM sind, sind sie begrenzt nützlich. "Bei uns muss alles dokumentiert und zentral verfügbar sein. Ich muss nachvollziehen können, warum ich etwas gemacht habe", so Nußbaumer.

Das CRM-Problem ergibt sich aus mangelnder Alternative. Zwei Anbieter teilen sich den Markt auf. Es handelt sich um die von einigen Versicherern finanzierte CCA und um das unabhängige Maklernet/Vera. Angesichts des geringen Wettbewerbs haben beide offenbar zu wenig Innovationswillen. Dass in der Maklerschaft Unzufriedenheit herrscht, ist unübersehbar: Einige Vera-Teilnehmer hatten einst sogar an einer KI-Finanzierungsinitiative gearbeitet, bei der sie zusammen mit Maklernet und Versicherungen Geld für einen größeren Wurf aufstellen wollten. Am Ende waren die angefragten Assekuranzen nicht dazu bereit, und die Makler trauten sich nicht über das Großprojekt.

Feld frei für Amazon und Co.
Comit-Chef Nußbaumer fände solche Ansätze aber unerlässlich. Er könnte sich sogar eine Open-Source-Plattform vorstellen, auf der die Branche gemeinsam Tools entwickelt. "Wenn jeder sein Süppchen kocht, werden wir nicht zukunftsfähig sein. Wir sollten da Burggräben als Konkurrenten schließen. Ein Konzern wie Amazon hätte in unserem Umfeld mit einfachen Schritten große Chancen", warnt er vor ­einer Abwanderung von Marktanteilen.

Use Cases für Vermittler gibt es genug. Die KI ist so fortgeschritten, dass sie aus Kundendaten die Kündigungswahrscheinlichkeit ableiten kann ("Churn Prediction") oder Cross-Selling-Potenziale erkennt. Einige wenige Player in Österreich dürften außerdem bereits in Eigenregie die GenKI für ihre individuellen Zwecke trainieren. Er wisse von einem großen Makler, der über eine generative Anwendung innert weniger Wochen den Polizzencheck, also die Kontrolle, ob das Produkt zu den Kundenanforderungen passt, automatisiert habe, sagt Reinhold Baudisch, Gründer des Onlinemaklers Durchblicker und nach dessen Verkauf Marktbeobachter und Investor. Namen nennt Baudisch nicht. Die systematische Aufarbeitung von Polizzen sei jedenfalls eine "Killer-Applikation", so Baudisch. Er ist überzeugt, dass Makler langfristig ersetzt werden können. Klingt drastisch. Allerdings ist eine "Hochleistungs-KI" genau das, was sich momentan viele Makler wünschen. Denn praktisch jeder, mit dem man spricht, klagt über den Fachkräftemangel.

Effizienzsteigerung um 30 Prozent erhofft
Dass die Lernfähigkeit von GenKI für ­rasante Entwicklungsschübe sorgen wird, macht Rene Besenbäck, Chef von Wefox Österreich, deutlich. Sein Unternehmen trainiert unter anderem gerade eine KI zum Tarifvergleich. 2025 sind ein Dialog mit den Maklern und neue Tools geplant. "Ich persönlich glaube, dass man durch solche Automatisierungen die Effizienz in nächster Zeit um 20 bis 30 Prozent heben kann", so Besenbäck. (eml)


Eine Liste nützlicher KI-Tools für Versicherungsmakler finden Sie im vollständigen Artikel, den Sie in der Printausgabe von FONDS professionell 4/2024 oder hier im E-Magazin lesen können.