Financefox: "Kunden werden auch in Zukunft Berater brauchen"
Das deutsch-schweizerische Insurtech Financefox will in Österreich ab 2017 voll durchstarten. Im Interview mit FONDS professionell erklären Geschäftsführer Werner Holzhauser und COO Felix Huemer ihr Geschäftsmodell und welche Rolle Versicherungsmakler darin spielen.
Satte 28 Millionen US-Dollar konnte das deutsch-schweizerische Insurtech Financefox kürzlich bei Investoren einsammeln. Das sollte für das 2014 in der Schweiz gegründete Unternehmen genug Kapital sein, um auch in Österreich durchstarten zu können.
In Deutschland und der Schweiz verfügt das Unternehmen bereits über 60.000 Privatkunden zusammen. Für das Management des Österreich-Geschäfts hat sich das junge Unternehmen mit dem ehemaligen Uniqa-Vorstand Werner Holzhauser keinen Unbekannten gesucht. Unterstützt wird er von COO Felix Huemer, er leitet den Bereich Operations der Österreich-Tochter und ist Financefox-Mitarbeiter der ersten Stunde. "Die Digitalisierung verändert alles, die Versicherungsbranche wird sich daher in den kommenden zehn Jahren massiv verändern. Die Versicherungen sind in der Vergangenheit oftmals durch den Zusammenschluss von ganz unterschiedlichen Unternehmen mit verschiedenen IT-Systemen gewachsen. Diese Systeme nun zu einer digitalen Welt zu vereinen ist unglaublich schwierig. Hier liegt der Vorteil von Financefox: Wir sind keine Versicherung und können die digitale Welt bereits vollständig abbilden“, erklärt Holzhauser im Interview mit FONDS professionell.
Auf der Seite der Makler
Dabei sieht man sich laut Huemer im Vergleich zu den Mitbewerbern, die es vor allem bereits in der Schweiz und Deutschland gibt und die sich meistens als Substitut zum klassischen Versicherungsmakler wahrnehmen, eher auf der Seite der Makler. "Wir helfen dem Makler, den Weg in die Digitalisierung zu finden", beschreibt der COO. Und Holzhauser ergänzt: "Für die meisten Insurtech-Unternehmen steht im Vordergrund, Maklervollmachten zu generieren und die Bestandsprovision zu vereinnahmen. Wir gehen einen anderen Weg. Wir sind der Meinung, dass Kunden auch in Zukunft Berater brauchen werden, zumindest für spezielle Produktgruppen wie Kranken- oder Lebensversicherungen."
Man sieht sich somit nicht als Sammler von Maklervollmachten und als Vergleichsportal will man nicht wahrgenommen werden. Zwar kann der Endkunde, der tatsächlich keinen Berater will, direkt über Financefox all seine Versicherungsprodukte über eine App verwalten und auch neue Produkte abschließen. Wenn es für den Kunden allerdings zu kompliziert wird, dann wird ihm empfohlen, eine Beratung in Anspruch zu nehmen. "Und hier kommt unsere zweite Zielgruppe ins Spiel. Diesen Lead geben wir dann an einen Makler weiter. Auch Makler können uns als Dienstleister in Anspruch nehmen. Wir verfügen über ein eigenes Maklerportal mit CRM-System, dort können unsere Partner alle Kunden verwalten. Sollte jemand mit unserer Dienstleitung nicht zufrieden sein, garantieren wir ihm, dass er jederzeit wieder aussteigen kann. Wir verpflichten uns in diesem Fall auch, sämtliche Daten der Kunden wieder zu löschen, er würde also seinen Kunden nicht verlieren. Und wir dürfen die Kunden auch nicht weiter bearbeiten", erklärt Holzhauser die Systematik.
Nachfolgeplanung
Der Mehrwert für den Makler zeigt sich anhand von mehreren Punkten. Zum einen bietet man einen kostengünstigen Weg in die digitale Welt, den er allein nicht gehen könnte. Die Financefox-App wird laufend von 30 Entwicklern verbessert und angepasst. Huemer: "Das Programm ermöglicht eine Kommunikation zwischen dem Kunden und dem Berater sowie mit uns. Dies geschieht über ein Tool, das ähnlich wie 'Whatsapp' aufgebaut ist. Der Makler sieht dadurch permanent, was sein Kunde macht. Unsere CRM-Lösung basiert auf der Software von Salesforce, einem sehr erfolgreichen Anbieter, der auch an uns beteiligt ist. Wir verstehen uns auch als Plattform, über die Makler an Neukunden kommen beziehungsweise über die Kunden ihren Berater finden können“.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Nachfolgeplanung. Der durchschnittliche Makler in Österreich hat laut Holzhauser ein Bestandsprovisionsaufkommen von 100.000 Euro: "Leider sind über 50 Prozent der Makler über 50 Jahre alt. Wir liefern ihnen eine Möglichkeit, eine Nachfolgeregelung aufzubauen. Gerade bei kleinen Beständen gibt es oft eine starke Bindung zwischen dem Makler und dem Kunden, bei einem Verkauf besteht die Gefahr, dass der Bestand rasch erodiert. Daher sind kleine Bestände nur schwer zu verkaufen. Unsere Lösung besteht darin, dass der Makler seinen Bestand auf unser Portal überträgt und wir seine Fixkosten im Hintergrund übernehmen", so Huemer.
Versicherungsexperten gesucht
Als Kooperationspartner von Financefox muss der Berater von den gesamten Provisionsumsätzen, die er aus seinem Bestand generiert, einen Anteil von 15 Prozent abgeben. Dafür übernimmt Financefox die gesamte technologische Weiterentwicklung und stellt ihm den Innendienst zu Verfügung, den er braucht, um seinen Bestand zu verwalten. "Die Makler reduzieren durch uns ihre Fixkosten massiv, zudem generieren wir für ihn auch noch Neukunden. Bisher war das Feedback in Österreich sehr positiv."
Und das Konzept scheint offenbar anzukommen. So berichtet Holzhauser, dass man innerhalb von wenigen Tagen zwei Deals mit 40.000 Kunden an Land gezogen hat. Dementsprechend sucht das Unternehmen derzeit nach Versicherungsexperten für den Innendienst. (gp)
Das gesamte Interview mit Werner Holzhauser und Felix Huemer finden Sie in der aktuellen Heftausgabe (4/2016) von FONDS professionell.