Vor dem Hintergrund der verabredeten Bereitstellung mehrerer Hundert Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte erwarten Experten positive Effekte für die gesamte Assetklasse. Tim Humphreys, Head of Global Listed Infrastructure bei Ausbil Investment Management und Fondsmanager des NYLIM GF Ausbil Global Essential Infrastructure Fund sieht aufgrund einer Kombination aus drei Faktoren in den nächsten Monaten Wertsteigerungspotenzial für börsennotierte Infrastrukturunternehmen weltweit.

Erstens hätten Infrastrukturaktien in letzter Zeit schlechter abgeschnitten als der globale Durchschnitt, was ihnen ein Aufwärtspotenzial beschere. Zweitens würden die Vorteile der zuletzt gestiegenen Inflation, die Infrastrukturinvestments häufig auf Basis indexierter Einkünfte haben, sich erst noch in den Cashflows niederschlagen. Humphreys erwartet für die kommenden Jahre eine Inflationsrate oberhalb des aktuellen Trends, sodass es noch mehrere Jahre dauern würde, bis sich dieser Vorteil vollständig in höheren Gewinnen niederschlägt. Und drittens seien durch langfristige Wachstumstreiber wie die Energiewende und die Dekarbonisierung oder die Steigerung der Stromnachfrage durch den KI-Boom "noch nie so gute Voraussetzungen geboten wie heute".

Die Nachfrage nach Strom wird stark anziehen
Die Stromnachfrage in den USA habe in den vergangenen 20 Jahren stagniert, stellt Humphreys fest, was dazu geführt habe, dass sich Versorgungsunternehmen auf die Instandhaltung bestehender Anlagen, die Optimierung der Kosten und die Kapitalallokation konzentriert haben. Durch die Veränderung der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sie nun eine enorme Wachstumsperspektive, sagt der Fondsmanager.

Er veranschaulicht seine These mit einem Beispiel. "Eine einzelne ChatGPT-Anfrage verbraucht aufgrund der Rechenintensität großer Sprachmodelle deutlich mehr Strom als eine Google-Suche. ChatGPT verarbeitet Anfragen mit Milliarden von Parametern über mehrere Grafikprozessoren oder spezialisierte KI-Chips hinweg, was enorme Mengen an Energie erfordert. Im Gegensatz dazu werden bei einer Google-Suche indexierte Webseiten mithilfe optimierter Algorithmen abgerufen, die auf einer energieeffizienten Infrastruktur laufen. Studien schätzen, dass eine KI-Anfrage zehn bis 100 Mal mehr Strom verbrauchen kann als eine Suchmaschinenanfrage. Mit der zunehmenden Verbreitung von KI wird die Bewältigung des damit verbundenen Energiebedarfs zu einer zentralen Herausforderung, die einen Anstieg der Stromerzeugung erforderlich macht."

Infrastrukturerträge steigen mit der Inflation
Humphreys argumentiert auch mit dem sogenannten Ratchet-Effekt, der sich dadurch bemerkbar mache, dass eine steigende Inflation die Erträge steigen lässt, hingegen die Erträge aber nicht fallen, wenn die Inflation wieder sinkt. Während auch die Kosten mit der Inflation steigen können, haben sie ebenfalls das Potenzial, wieder zu sinken. Dadurch ergebe sich eine Möglichkeit, so Humphreys, Margen zu verbessern und Gewinne über das reine Umsatzwachstum hinaus zu steigern.

Derzeit würden die Aktienmärkte den Inflationsschutz, den Infrastrukturinvestments bieten, und die damit verbundenen Einnahmenvorteile nicht vollständig einpreisen, befindet Humphreys. Börsennotierte Infrastrukturunternehmen seien trotz ihrer soliden finanziellen Performance deutlich unterbewertet. (tw)