Prestige-Investitionen ergeben nur Sinn, wenn man die dahinterliegende Thematik versteht. Diese alte Sachwerteregel bewahrheitet sich einmal mehr mit Blick auf die französische Weinregion Bordeaux. In den vergangenen Monaten häuften sich Medienberichte, wonach chinesische Investoren vermehrt ihre gegen Ende der Nullerjahre gekauften Anwesen abstoßen.

Ende des Vorjahres schrieb der englische "Telegraph" über das Château Latour-Laguens, das im Jahr 2008 um kolportierte zwei Millionen Euro von einer chinesischen Investmentgruppe erworben wurde. Laut dem Bericht steht es um 150.000 Euro zum Verkauf. Verfallen und verlassen, wie es heißt.

Kulturelle Unterschiede, schwieriges Fernmanagement
Über 200 Weingüter in der Region seien innert weniger Jahre von chinesischen Gesellschaften oder wohlhabenden Privatpersonen übernommen worden. In vielen Fällen waren die Übergänge nicht problemlos. In dem Artikel ist unter anderem von Schwierigkeiten wegen kultureller Differenzen, von monatelangen Lohnausfällen oder von abwesenden Eigentümern die Rede, die die Weinproduktion von Asien aus managten. Oft führte das zu unrealistischen Wünschen und Anweisungen an die lokalen Verwalter, etwa die Trauben im Juni statt im September zu ernten. Auch seien häufig chinesische Arbeiter eingestellt worden, denen die Erfahrung im Weinbau fehlte.

Laut einem Bericht der französischen Zeitung "Le Figaro" standen vergangenen Oktober 50 Châteaux zum Verkauf. Ganz zu schweigen von den Eigentümern, die verkaufen wollen, aber auf einen günstigeren Moment warten. Ein Immobilienmakler berichtete der Zeitung von Transaktionspreisen, die unter der Hälfte des Kaufpreises liegen.

Angetrieben wird der nun zu beobachtende Rückzug von mehreren Ursachen. Allen voran wurde der Weinbedarf in China falsch eingeschätzt. Nach einem starken Anstieg bis 2012 sank der Konsum jährlich. Seit 2018 schrumpfte die Weinkonsumation in China um zwei Millionen Hektoliter jährlich, wie der "Telegraph" berichtet.

Anti-Luxus-Kampagne
Zum einen korrespondieren die schweren französischen Rotweine nur begrenzt mit der traditionellen chinesischen Küche. Vielfach sammelten Käufer die Flaschen aus repräsentativen Motiven und nicht, um sie zu konsumieren. Zum anderen trafen den Markt ab 2012/2013 die Anti-Korruptionsbemühungen von Chinas Präsident Xi Jinping. Diese reduzierten abrupt die im chinesischen Wirtschaftsleben übliche Incentivierung von Geschäften durch Luxusgüter oder teure Weine. 2017 folgte dann ein weiterer Dämpfer durch Kapitalverkehrskontrollen aus Peking.

Auch die Behörden in Frankreich waren nicht untätig. Vergangenes Jahr beschlagnahmte der Staat neun Bordeaux-Schlösser im Wert von rund 35,5 Millionen Euro eines chinesischen Tycoons, der wegen Geldwäsche und Veruntreuung chinesischer Staatsgelder verurteilt worden war, wie der "Telegraph" schreibt.

Risiken spekulativer Investitionen
Der Bordeaux-Wein, ein Wahrzeichen der französischen Kultur, steckt seit Jahren in der Krise. Kleinere Weingüter haben wegen Überproduktion und schwindender Absatzmärkte Existenzsorgen. Das Schweizer Portal "Finews" berichtet, dass in der Situation französische Käufer sich momentan wieder verstärkt um eine Revitalisierung des Erbes von Bordeaux bemühen. In einem Artikel wird Jerome Baudouin, Chefredakteur der "La Revue du Vin", zitiert, wonach sowohl chinesische Käufer als auch die Bordeaux-Produzenten die Marktdynamik falsch eingeschätzt hätten. Die Entwicklung verdeutliche die Risiken spekulativer Investitionen in Luxusmärkte, heißt es in dem Bericht. (eml)