Vor Kurzem versetzte der Verfassungsgerichtshof die Immobilienbranche in Angst und Schrecken, seit Freitag (1.8.) herrscht aber Erleichterung: Der 10. Senat des Obersten Gerichtshofs (OGH) hat entschieden, dass längerfristige Wohnungsmietverträge nicht grundsätzlich gegen das Konsumentenschutzgesetz (KschG) verstoßen, wenn die Miete in den ersten beiden Monaten der Vertragslaufzeit erhöht wird. Das gilt selbst dann, wenn in der Vertragsklausel zur Wertanpassung der Miete (Indexierung) ein redaktioneller Irrtum enthalten ist, der nach Vertragsschluss korrigiert wird.

Vier Indexanpassungen in einem Jahr
Eine private Mieterin einer Dachgeschosswohnung klagte ihre Mieter auf Rückzahlung zu viel bezahlter Miete, weil die sogenannte Wertsicherungsklausel vor Vertragsabschluss nicht ausgehandelt worden sei und sie nicht ausdrücklich auf den Inhalt dieses Vertragsteils hingewiesen worden sei. Die Klage erfolgte, nachdem die Miete ein Jahr nach Vertragsbeginn binnen eines Jahres vier Mal um insgesamt 14,8 Prozent erhöht worden war. Die Mieterin zahlte die Miete fristgerecht, wenn auch nach der vierten Erhöhung unter Vorbehalt.

Außerdem stimmte die Nutzerin einer Vertragsänderung stillschweigend zu: In der Wertsicherungsklausel stand irrtümlich der Mai 2017 als Referenz für die Preisanpassung. Die Hausverwaltung korrigierte dies auf den für den Mietvertragsbeginn im März 2021 letzten verfügbaren Indexwert, mithin Dezember 2020. Darauf wurde die Mieterin schriftlich hingewiesen. Trotzdem zog sie vor Gericht.

Mieterin klagt wegen Wertsicherungsklausel
Die Indexanpassungsklausel sei gemäß dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch unwirksam, weil sie den Vermietern das Recht gebe, auf den lange vor Vertragsabschluss liegenden Indexausgangswert Mai 2017 Bezug zu nehmen und damit einseitig eine unmittelbar nach Vertragsabschluss liegende Preiserhöhung vorzunehmen. Außerdem sei die Klausel gemäß § 6 Abs 2 Z 4 KSchG unwirksam, weil sie bereits innerhalb der ersten zwei Monate nach Abschluss des Mietvertrags eine Anhebung des Mietentgelts ermöglicht habe. Der Vertragspassus sei im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes auch intransparent und einseitig zulasten des Nutzers.

In seiner Entscheidung stellt der OGH klar, dass die Wertsicherungsklausel des Mietvertrags nicht gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verstößt. "In seinem umfassend begründeten Urteil ging der 10. Senat davon aus, dass die erwähnte Norm für Bestandverträge nicht gilt, die darauf angelegt sind, dass die Leistung des Vermieters nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung vollständig zu erbringen ist", teilte der OGH mit. Das bedeutet: Dauerschuldverhältnisse wie Mietverträge sind nach dieser Entscheidung von der Zwei-Monats-Regelung im Konsumentenschutzgesetz ausgenommen, auch wenn die Mieterhöhung in den ersten beiden Vertragsmonaten nicht explizit ausgeschlossen wurde.

OGH folgt der Vorinstanz und stärkt Immobilienbranche
Weiter erkannte der Senat in dem konkreten Fall an, dass ein Verstoß gegen das Konsumentenschutzgesetz nicht vorliegt, weil der Vertrag den Vermietern zwar theoretisch die Möglichkeit eingeräumt hat, innerhalb der ersten beiden Monate eine Indexanpassung vorzunehmen. Die erste Mieterhöhung fand jedoch erst nach einem Jahr statt. Außerdem folgte der OGH den Richtern des Berufungsgerichts (LG für Zivilrechtssachen in Wien), wonach der Vertrag nicht intransparent ist und auch nicht gegen die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches verstößt. 

Im "Standard" erklärte Johannes Wild, Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, dass die Immobilienwirtschaft "aufatmet". Die Branche hofft, dass sich die drohenden Rückzahlungen an Mieter "in Milliardenhöhe" nun erledigt haben. (ae)