Die österreichische Bundesregierung wird wie angekündigt weiter in die Immobilienwirtschaft eingreifen und hat dafür am Mittwoch (17.9.) im Ministerrat einen folgenreichen Beschluss gefasst. Denn das angekündigte Mietenwertsicherungsgesetz sieht mit Beginn des kommenden Jahres eine Beschneidung des freien Wohnungsmarktes vor. "Ich bin stolz, dass wir einen großen Wurf gemacht haben. Wir treffen schnell und konsequent Maßnahmen, um das Leben leistbarer zu machen", erklärte Vizekanzler und Wohnminister Andreas Babler (SPÖ) in der Pressekonferenz nach dem Ministerrat.

"Wohnen ist aus meiner Sicht ein Rechtsanspruch. Deshalb muss die Leistbarkeit wieder ins Lot zum Einkommen gebracht werden", so Babler. Die Wohnpreise hätten einen wesentlichen Einfluss auf die Lebens- und Familienplanung. Die Mietpreissteigerungen in den vergangenen fünf Jahren hätten 30 Prozent betragen. "Das heißt, die Mieten haben immer mehr vom Gehalt aufgefressen", ärgert sich Babler.

Preiserhöhungsdeckel bei freien Mieten kommt
Der Mietpreisstopp im April für den "geregelten Bereich" sei der erste Schritt gewesen. Im Ministerrat wurde die Mietpreisbremse für den ungeregelten Markt beschlossen. Damit sind die freien und angemessenen Mieten gemeint. "Wir machen das mit dem Ziel, die Mietpreisspirale zu durchbrechen, die immer mit Hochinflationsphasen einhergeht", so Babler.

Der Beschluss im Ministerrat: Wenn die Inflation zwischen zwei Jahren mehr als drei Prozent beträgt, darf der über drei Prozent hinausgehende Teil nur zur Hälfte an die Mieter weitergegeben werden. Diese Regelung soll, mit einigen Ausnahmen, ab Jänner 2026 für alle bestehenden und neuen Verträge gelten. Außerdem soll die erlaubte Befristung bei Verträgen, die ab 1. Jänner 2026 abgeschlossen werden, von drei auf fünf Jahre erhöht werden. "Wer befristet wohnt, hatte alle drei Jahre außerordentliche Mieterhöhungen", behauptet Babler.

Im geregelten Bereich, also bei den Richtwert- und Kategoriemieten, bleibt der Mietpreisdeckel wie beschlossen bis 2027 bestehen. 2026 dürfen die geregelten Mieten um maximal ein Prozent erhöht werden, 2027 sind es maximal zwei Prozent. Ab 2028 gilt im geregelten Bereich dieselbe Regelung wie im ungeregelten. "Die Bremse bleibt stark angezogen, damit das Verhältnis von Mieten zum Arbeitseinkommen wieder ins Lot kommt", freut sich Babler. Der Minister meint, dass mit dieser Maßnahme auch die Inflation in den Normalbereich kommen wird. 

Wirtschaftsminister will Österreich wettbewerbsfähig machen
Nach Babler sprach Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) im Pressefoyer. Er will Österreichs Wirtschaft wieder auf die Überholspur bringen. Die steigenden Lohnstückkosten seien die größte Herausforderung im internationalen Wettbewerb. Diese seien in den vergangenen beiden Jahren um 20 Prozent gestiegen, in Deutschland um 13 Prozent und im EU-Durchschnitt um zwölf Prozent. "Oberste wirtschaftspolitische Aufgabe ist es, diese Lohn-Preis-Spirale zu durchbrechen, weil es nur so möglich sein wird, dass wir mittelfristig wieder die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs herstellen können."

Den Wohnungsmarkt sieht koalitionstreu auch der Wirtschaftsminister als einen Hebel zur Verbesserung der österreichischen Wirtschaft. "Leistbare Mieten sind ein wesentlicher Faktor zur Sicherung der Kaufkraft. Das stärkt damit indirekt den Konsum und stärkt damit auch unsere Betriebe. Wir müssen darauf aufpassen, dass wir die Balance finden auf der einen Seite, was leistbare Mieten und die Sicherung der Kaufkraft betrifft, und auf der anderen Seite gewährleisten und sicherstellen, dass sich die Bauwirtschaft weiter entwickeln kann und dass sie auch weiter ein Konjunkturmotor ist. Denn gerade die Bauwirtschaft ist, was Arbeitsplätze und Wohlstand betrifft, ein ganz wesentlicher Faktor ", erklärte Hattmannsdorfer nach dem Ministerrat.

Ausnahmen für kleine private Vermieter
Das neue Mietenwertsicherungsgesetz sieht Ausnahmen für Ein- und Zweifamilienhäuser und alle Objekte nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) vor, weil es hier ein eigenes Regulativ gibt. Bei Geschäftsraummieten soll das Prinzip der Freiwilligkeit beim Wahlrecht des Indexes gelten. Die Erhöhung der Mindestvertragsdauer soll nicht für kleine, private und nicht-gewerbliche Vermieter gelten. Damit sind alle Eigentümer gemeint, die weniger als fünf Wohnungen vermieten. "Würden wir hier zu stark regulatorisch eingreifen, wäre das eine wesentliche Bremse im Immobilienmarkt für die Bauwirtschaft", so der Minister.

Mit dem Justizministerium sollen Mustermietverträge ausgearbeitet werden, um Mieter und nicht-gewerbliche Vermieter "zu unterstützen und zu entlasten". Die Verträge sollen Rechtssicherheit bieten. Geplant ist zudem die Reform der Mietzinsbindung im Altbau. Es soll "ganz klar Anreize" für Vermieter geben, die "Investitionen in die Ertüchtigung, Klimafreundlichkeit und Reduktion der Energiekosten" von Altbauten tätigen wollen. Dabei soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Mieter an den Kosten von Energieeffienzmaßnahmen beteiligt werden, weil "die ja auch etwas davon haben, wenn sich die Energiekosten reduzieren".

Reaktion auf höchstrichterliche Entscheidungen
Die Bundesregierung nimmt sich nach den jüngsten Entscheidungen von OGH und VfGH der Indexierungsklausen in den Mietverträgen an. Die Gesetzesinitiative soll mangelhafte und bestehende Wertsicherungsvereinbarungen klarstellen und sanieren. "Zwei Urteile des OGH und des VfGH haben eine Debatte darüber ausgelöst, welche Rechtssicherheit es für Vermieter bei den Mietverträgen gibt. Das wird klargestellt, sodass es keinen Anlass zur Sorge gibt, dass es aufgrund der OGH- und VfGH-Erkenntnisse eine Rechtsunsicherheit gibt und es zu einem Aufrollen der Mietverrechnungen der letzten Jahre kommen kann. Das ist ein wesentliches Signal in Richtung Bauwirtschaft und Vermieter", heißt es. (ae)