In Österreich sank 2022 die Anzahl der HNWI um 3,4 Prozent auf knapp 170.000 Dollar-Millionäre. Das sind rund 6.400 HNWI weniger als im Vorjahreszeitraum. Das zeigt der aktuelle World Wealth Report des Beratungsunternehmens Capgemini. 2021 stieg diese Zahl in Österreich noch um acht Prozent auf rund 176.000 Personen. Das Vermögen dieser Personengruppe betrug im Jahr 2022 in Summe 469 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem Vermögensverlust von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 

ESG-Investitionen bleiben eine Priorität
Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit, bei der nur 23 Prozent der HNWI angaben, eine höhere Rendite aus Anlagen nach ESG-Kriterien erzielt zu haben, bekunden sie weiterhin Interesse an solchen Produkten: 41 Prozent der Befragten sehen Investitionen mit ESG-Bezug als oberste Priorität. 63 Prozent der HNWI gaben an, dass sie ESG-Bewertungen für ihre Anlagen angefordert haben. Allerdings sehen nur rund die Hälfte der Vermögensverwalter (52 Prozent) die Analyse von ESG-Daten und deren Rückverfolgbarkeit (31 Prozent) als oberste Priorität an. 

Von den befragten Kundenbetreuern gaben 40 Prozent an, dass sie mehr Daten benötigen, um die ESG-Auswirkungen zu verstehen, und fast jeder Zweite gab an, dass sie mehr ESG-Informationen benötigen, um effektiv mit ihren Kunden in Kontakt treten zu können. 

Vermögensverwalter sehen Korrekturbedarf bei der Rolle ihrer Kundenbetreuer 
Dem Bericht zufolge hindert der derzeitige Mangel an digitaler Unterstützung die Kundenbetreuer daran, ihre Kunden zeitnah und wertschöpfend zu beraten – was sich letztlich auch auf ihre Profitabilität auswirkt. Im Durchschnitt stufte nur eine von drei Führungskräften die digitale Reife ihres Unternehmens über den gesamten Betreuungszyklus hinweg als hoch ein. Darüber hinaus gaben 45 Prozent der Befragten an, dass die Kosten pro Kundenbetreuer steigen, was in erster Linie auf Ineffizienzen in der Wertschöpfungskette der Vermögensverwaltung zurückzuführen ist.

Insgesamt nimmt dabei der Zeitaufwand der Kundenbetreuer für Aktivitäten zu, die außerhalb ihrer Kerntätigkeit liegen. Aufgrund mangelnder digitaler Reife und unzureichender Omnichannel-Plattformen steht nur noch ein Drittel ihrer Zeit für die Kundenbetreuung zur Verfügung. Die Unzufriedenheit ist auf beiden Seiten zu spüren: 56 Prozent der befragten HNWI gaben an, dass Mehrwertdienste ihre Wahl eines Vermögensverwaltungsunternehmens beeinflussen, doch nur jeder Zweite äußerte sich zufrieden mit der Fähigkeit seines Kundenbetreuers, diese Dienstleistungen zu erbringen. Fast 31 Prozent würden in den nächsten zwölf Monaten wahrscheinlich den Vermögensverwaltungsanbieter wechseln.

Vermögensverwalter sollten laut World Wealth Report ihren Kundenbetreuern einen integrierten "One-Stop-Shop" zur Verfügung stellen und ein hervorragendes Kundenerlebnis schaffen, um so das Ertragswachstum wie auch die Kundenzufriedenheit zu steigern. So liegt die Zukunft beispielsweise in einem digitalen Cockpit für die Berater. Mit diesem lassen sich Produktivität wie auch Kundenbindung verbessern. Auch erhalten die Kundenbetreuer die Möglichkeit, für ihre Kunden die richtigen Experten zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen.

"Vermögensverwaltungsunternehmen befinden sich an einem kritischen Wendepunkt: Der Zeitgeist fordert einen Wechsel der Denkweise und der Geschäftsmodelle, um ein nachhaltiges Ertragswachstum zu erzielen. Um relevant zu bleiben, muss die Branche ihren Mehrwert für den Kunden steigern, Kundenbetreuer technisch besser unterstützen und neue Wachstumsmöglichkeiten für sich erschließen", so Martina Sennebogen, Vorstandsvorsitzende bei Capgemini in Österreich.

Wachstumspotenzial im Bereich des Affluent-Segments 
Nach Angaben des World Wealth Reports besteht für die Vermögensverwalter ein langfristiges Wachstumspotenzial in der Ausweitung des Pools potenzieller Wealth-Management-Kunden. Das Segment der wohlhabenden Privatkunden (Affluents) mit einem investierbaren Vermögen zwischen 250.000 und eine Million Dollar stellt nun eine neue Zielgruppe dar, da diese in Bezug auf Größe und finanzielles Gewicht weiter wächst. (gp)