Die Immobilienkredit-Regeln in Österreich bleiben streng, es soll jedoch mehr Spielraum geben, wenn eine Immobilie zur Finanzierung eines neuen Objektes vorhanden ist. Das ist das Ergebnis einer Sitzung des FMSG vom Montag. Wie das Gremium mitteilt, wird der Finanzmarktaufsicht (FMA) empfohlen, die Vorgaben der seit August 2022 anwendbaren Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung) in Teilbereichen zu lockern.

Insbesondere soll die FMA in einer Novellierung die Zwischenfinanzierungen von der Verordnung ausklammern, empfiehlt das FMSG. Dabei geht es um Geld, das die Banken den Kreditnehmern für die neue Immobilie bis zur Verwertung eines alten Objekts zur Verfügung stellen.

Zwischenfinanzierungen blockierten Ausnahmekontingente
Als im August des Vorjahres die KIM-VO in Kraft trat, zeigte sich sehr schnell, dass die neuen Regeln in diesem Bereich Probleme verursachten: Denn allein die Zwischenfinanzierungen zehrten nach Angaben der WKÖ-Bankensparte mehr als ein Drittel der Ausnahmekontingente auf, die die Verordnung den Banken zugestand. Dadurch wurden diese Kontingente blockiert, die eigentlich für kreditwürdige Kunden gedacht waren, die aus einem anderen Grund die neuen strengen Vorgaben nicht erfüllen.

Nach Empfehlung des FMSG sollen nun die Zwischenfinanzierungen künftig so gestaltet werden, dass sie im Hinblick auf das Verwertungsrisiko bis zu 80 Prozent des geschätzten Marktwerts der zu veräußernden Immobilie betragen dürfen. Die erlaubte Laufzeit soll dabei mit höchstens zwei Jahren begrenzt werden. Empfohlen wird außerdem, dass bei den Ausnahmekontingenten für Kreditinstitute eine Untergrenze von einer Million Euro genehmigt wird. Nach Wunsch des FMSG sollen die Änderungen mit 1. April 2023 in Kraft treten.

Neue Geringfügigkeitsregelung – Paare erhalten mehr
Neuerungen sollen zudem bei der Geringfügigkeitsgrenze kommen: Bei Paaren als gemeinsame Kreditnehmer empfiehlt das FMSG, dass die bisher bestehende Geringfügigkeitsgrenze pro Person in Anspruch genommen werden kann. Momentan sind Kleinkredite bis 50.000 Euro von der Verordnung ausgenommen. Dieser Betrag soll dann in einer Partnerschaft auf 100.000 Euro steigen.

Förderungen durch Bund, Länder oder Gemeinden sollen von der FMA ebenfalls gesondert behandelt werden. "Das FMSG empfiehlt der FMA weiters, die Vorfinanzierungen von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen durch Gebietskörperschaften in Höhe dieser Zuschüsse für einen maximalen Zeitraum von zwei Jahren ebenfalls vom Anwendungsbereich der KIM-V auszunehmen, da diese Form der öffentlichen Zuschüsse die Verschuldung von Kreditnehmer:innen nur vorübergehend erhöht", heißt es.

Warnung bleibt aufrecht
Mit der Novellierung soll lediglich mehr Flexibilität eingeräumt werden, betont das FMSG. Grundsätzlich seien die vergangenen August eingeführten harten Bestimmungen weiter nötig. Zwar hätten sich die Vergabestandards in Österreich im dritten Quartal 2022 nach Inkrafttreten der Verordnung verbessert; ein hoher Anteil wurde aber aus Sicht des Gremiums weiterhin zu nicht-nachhaltigen Konditionen im Sinne der KIM-Verordnung und der FMSG-Leitlinien vergeben (wobei zu beachten ist, dass hier auch der Juli negativ ins Gewicht fallen dürfte, als die KIM-V noch nicht anzuwenden war).

Beachtenswert ist, dass das FMSG den Banken beziehungsweise den Kreditnehmern bei den variabel verzinsten Produkten die Rute ins Fenster stellt. Seit Mitte 2022 sei der Anteil neu vergebener Kredite mit variabler Verzinsung deutlich angestiegen, mahnt das Gremium. In diesem Zusammenhang verweist das FMSG ausdrücklich auf eine (bis jetzt noch nicht in Gesetz gegossene) Empfehlung: Man habe bereits im März 2022 eine Begrenzung der Schuldendienstquote für variabel verzinste Kredite in Höhe von nur 30 Prozent in die Leitlinien aufgenommen.

Die Leitlinien des FMSG gelten – sofern sie vom Markt langfristig missachtet werden – der FMA als Auftrag für eine Verordnung. Bisher schreibt die FMA in ihrer Verordnung für Wohnkredite lediglich eine allgemeine Grenze für die Schuldendienstquote von 40 Prozent vom Haushaltseinkommen vor. Der Warnhinweis des FMSG kann so gelesen werden, dass künftig zwingend ein variabler Kredit nur dann vergeben werden könnte, wenn man für die monatliche Rückzahlung nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens braucht. 

Variable Verzinsung
Die zunehmende variable Verzinsung unter Österreichs Kreditnehmern ist aus Sicht der Aufseher aktuell angesichts des im Aufwind befindlichen Zinsumfelds ein Problem: Hebt die EZB weiter ihre Zinsen an, könnten Bankkunden mit variabler Verschuldung schnell in Rückzahlungsschwierigkeiten geraten. Dass trotz der in Aussicht stehenden steigenden Marktzinsen immer mehr Immobilienkäufer zu variablen Verzinsungen greifen, hat mehrere Gründe. Zum einen sehen Experten darin eine direkte Folge aus der einschränkenden Verordnung: Weil Kreditnehmer etwa mit dem (teureren) Fixkredit die Schuldendienstquote überschreiten, müssen sie zum variablen Pendant greifen. Viel wichtiger aber ist die Vergabepolitik der Banken selbst: Diese vergeben nämlich immer weniger Kredite mit langfristiger Fixbindung.

Die im August 2022 eingeführten Regeln sehen vor, dass Kreditnehmer mindestens 20 Prozent Eigenkapital mitbringen müssen. Erlaubt ist weiters eine maximale Schuldendienstquote von 40 Prozent des Haushaltseinkommens sowie eine Höchstlaufzeit von 35 Jahren. Die Verordnung war nötig, weil es sonst zu einer für das Land unangenehmen offiziellen Warnung des europäischen Systemrisikorats (ESRB) gekommen wäre. Sowohl ESRB als auch die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten sich davor mit Sorge zu den steigenden systemischen Risiken aus der österreichischen Wohnimmobilienfinanzierung geäußert.

Das FMSG betont in Richtung der Banken auch, dass es in Österreich "bereits jetzt im internationalen Vergleich großzügige Ausnahmekontingente" gebe. Dass es nach Inkrafttreten der KIM-Verordnung zu einem Einbruch der Kreditvergabe gekommen sei, liegt nach Beobachtung des Gremiums nicht an den strengeren Vergaberegeln. In der zweiten Jahreshälfte 2022 hätten der Zinsanstieg und die Inflation die Nachfrage nach Immobilien und Immobilienkrediten im gesamten Euroraum und weltweit deutlich reduziert. Der Rückgang der Neukreditvergabe im strukturell vergleichbaren Deutschland sei ähnlich hoch gewesen, auch wenn es dort keine Maßnahmen gab, die direkt auf die Kreditnehmer abzielen, heißt es beim FMSG, in dem neben dem federführenden Finanzministerium noch Mitglieder des Fiskalrates, der Österreichischen Nationalbank (OeNB) und der FMA beteiligt sind. (eml)