"Dann wird Finanzkriminalität salonfähig"
Warum sich künstliche Intelligenz (KI) zur Finanzstrafverfolgung begrenzt eignet und was Behörden über Krypto-Plattformen wissen müssen, erklären die Cyberspezialisten Bernhard Haslhofer und Stefan Kitzler vom CSH in Wien.
Am Complexity Science Hub (CSH) in Wien wird Spitzenforschung betrieben. Die Bandbreite reicht von Medizin bis Wirtschaft. Geht es nach Bernhard Haslhofer und Stefan Kitzler, arbeiten dort auch einige der wichtigsten Cybercrime-Forscher des Landes. FONDS professionell sprach mit den beiden über Decentralized Finance (DeFi) – also Blockchain- oder Kryptoanwendungen, die – wie sich zeigt – nur vordergründig "dezentral" sind.
Kitzler hat in den vergangenen Jahren intensiv zu Entscheidungs- und Abstimmungsmechanismen hinter dezentralisierten Organisationen geforscht und konnte zeigen, dass entgegen der Erwartung oft nicht das Kollektiv gemäß Tokenanteil entscheidet, sondern konkrete Akteure wie Softwareentwickler und Administratoren. "Das widerspricht natürlich dem Dezentralisierungsargument", sagt der CSH-Forscher in dem Interview, das in voller Länge im Print- und im E-Magazin erschienen ist.
DeFi als Fluchtort aus der Verantwortung
Zum Problem wird das, wenn Verantwortliche hinter DeFi-Anwendungen namhaft gemacht werden sollen. "Da geht es also um Personen, die bei DeFi-Organisationen mitbestimmen, die aber die Verantwortung von sich weisen, weil die Organisation ja vordergründig dezentral ist", so Kitzler.
Institutsmitglied Bernhard Haslhofer, Leiter der Forschungsgruppe Digitale Währungen, sieht darin "wahrscheinlich derzeit eines der heißesten Themen für Ermittlungsbehörden". Er erläutert das am Beispiel eines DeFi-Kreditvergabeservice, bei dem theoretisch die Community über Zinssatz oder Compliance-Maßnahmen mitentscheiden kann. "Wenn in einem traditionellen Unternehmen etwas schiefgeht, weiß man, wer die Verantwortung übernehmen muss. Bei einer DeFi-Anwendung weiß man oberflächlich nicht, wer Kontrolle ausübt. Deswegen müssen die Behörden verstehen, wie solche Organisationen funktionieren. Wenn nordkoreanische Hacker über eine solche Anwendung Milliardenbeträge waschen, dann muss am Ende jemand die Verantwortung übernehmen", so Haslhofer.
CSH-Tools für Behörden und Banken
Am CSH werden unter anderem analytische, forensische Methoden entwickelt, mit denen Behörden oder Unternehmen Geldflüsse oder Zusammenhänge erkennen und Verantwortliche hinter dezentralen Systemen identifizieren können. Man arbeite international mit Institutionen wie Interpol oder deutschen Behörden sowie national in Forschungsprojekten mit Ermittlern des österreichischen Bundeskriminalamtes zusammen.
Von der KI könnten sich Ermittlungsbehörden nur bedingt unterstützen lassen, sagen die Forscher. Vor allem moderne generative Modelle basieren oft auf Wahrscheinlichkeiten und die Entscheidungsfindung sei nicht immer transparent nachvollziehbar. "Eine Beweisführung mit künstlicher Intelligenz ist sehr schwierig", betont Haslhofer. (eml)
Das gesamte Interview lesen Sie in der Heftausgabe 3/2025 von FONDS professionell oder nach Anmeldung hier im E-Magazin. Darin sprechen die Forscher über Stablecoins als "Thema Nummer eins im DeFi-Bereich", über die Sorge, dass durch Politiker wie US-Präsident Donald Trump "Finanzkriminalität salonfähig" wird, und über das folgenreiche "Zurückpfeifen" von Behörden bei der Aufsicht über Kryptowährungsbörsen.















