So werden Finanzberater zu ESG-Experten
Berater, die eine Weiterbildung zur nachhaltigen Geldanlage suchen, haben immer mehr Auswahl. Anspruch und Kosten der Kurse unterscheiden sich allerdings deutlich, zeigt eine Recherche von FONDS professionell.
Da sind zum einen all die Abkürzungen: ESG, SRI, SDG. Zum anderen prasseln Begriffe wie Impact Investing, Engagement oder Best-in-Class-Ansatz auf einen ein. Und über allem schwebt die Frage, was unter Nachhaltigkeit eigentlich zu verstehen ist. Das alles macht es für Finanzberater alles andere als einfach, sich der nachhaltigen Geldanlage zu nähern. Hinzu kommt ein ganz praktisches Problem: Wie gehe ich das Thema in der Anlageberatung an, ohne den Kunden zu überfrachten?
Weiterbildungen im Überblick
Die wohl beste Möglichkeit, sich kurzfristig für diese Fragestellungen zu rüsten, ist der Besuch entsprechender Weiterbildungsangebote. Bei einem Rundumblick auf dem Markt stößt man sofort auf drei Programme, die sich an Vermittler und Berater wenden. Deren Anbieter liefern nicht nur das nötige theoretische Rüstzeug, sie vergeben meist auch Titel, die den Absolventen im Außenauftritt helfen, ihre Kompetenz zu kommunizieren. Bei Anspruch, Dauer und Kosten unterscheiden sich die Angebote deutlich: Manche Ausbildung zieht sich über Monate hin, bei anderen ist es mit Onlineschulungen und einem Präsenztag getan.
Ecoanlageberater und ÖGUT
Das "Original" stammt ohne Frage aus Dortmund. Bereits seit 2006 bietet der Ecoreporter-Verlag seine Ausbildung zum "Ecoanlageberater" an. Mehr als 550 Finanzprofis haben die Weiterbildung – es handelt sich um eine Mischung aus Onlinemodulen, Einsendeaufgaben und Präsenzworkshops – schon absolviert. Aktuell läuft der 35. Jahrgang.
Hierzulande etwas etablierter ist jedoch die Weiterbildung, die die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) gemeinsam mit dem Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) seit 2016 anbietet. "Bislang haben etwa 450 Berater aus Deutschland und Österreich das Programm absolviert, bis Sommer dieses Jahres werden es rund 600 sein. Es ist aber definitiv spürbar, dass der Lehrgang in Österreich deutlich besser angenommen wird als in Deutschland", sagt Susanne Hasenhüttl, wissenschaftliche Projektmanagerin bei ÖGUT. Von den ungefähr 200 Lehrgangsteilnehmern deren Abschluss gerade im Laufen ist, sind mehr als die Hälfte aus Österreich. 2020 gab es hierzulande sechs Schulungen mit durchschnittlich zwischen 20 bis 25 Teilnehmern. Die Weiterbildung kann komplett online absolviert werden und besteht aus drei Modulen. Da die Schulung in Kooperation mit dem Klimaministerium (BMK) erfolgt, gibt es am Ende auch noch ein offizielles Zertifikat des Ministeriums.
Bisher war das Interesse von Beratern aus dem freien Vertrieb noch sehr überschaubar, großteils wurde die Ausbildung von Bankberatern genutzt. Hasenhüttl zufolge hat das Angebot besonders bei der Raiffeisenbank Anklang gefunden. Auf der Homepage der RCM wurde kürzlich eine Landkarte implementiert, auf der die Standorte der Filialen mit ÖGUT-Absolventen markiert sind.
Präsenz statt Online
Aus dem noch sehr überschaubaren Angebot an möglichen Weiterbildungen zum Thema Nachhaltigkeit am österreichischen Markt sticht auch der "Geld und Ethik"-Lehrgang hervor. Zwar wird auch dieser in drei Modulen abgehalten, hier steht aber die Präsenz der Teilnehmer im Vordergrund. "Präsenz, weil es stark um Persönlichkeitsbildung, ethische Fragen und philosophische Diskussionen über Nachhaltigkeit geht. Da ist nun mal die persönliche Interaktion wichtig. Berater müssen Sprachkompetenz zu Nachhaltigkeit entwickeln", erklärt "Geld und Ethik"-Gründer Klaus Gabriel. Die drei Module des Lehrgangs laufen in einem Zeitabstand von ungefähr eineinhalb Monaten ab: Theorie, Praxis und Hands-on.
Da Präsenzveranstaltungen coronabedingt momentan nicht durchführbar sind, arbeitet man verstärkt an Onlineformaten, ganz will man Gabriel zufolge auf Präsenz jedoch nicht verzichten: "Wenn man in einer Gruppendynamik und mit didaktischen Übungen lernt, bleibt mehr hängen, und man kann sich besser eine eigene Position bilden. Uns ist die persönliche Auseinandersetzung wichtig. Wenn ich dann vorm Kunden stehe, muss ich ja auch persönlich mit ihm sprechen." (aem)
Der vollständige Artikel ist in FONDS professionell 2/2020 ab Seite 210 erschienen. Angemeldete Nutzer können den Beitrag, der Teil eines 23 Seiten starken ESG-Spezials ist, auch hier im E-Magazin abrufen.