Als Reaktion auf zunehmende Marktturbulenzen durch die US-Zollpolitik beobachten europäische Fondsanbieter eine deutliche Umschichtung von Kundengeldern. Laut einem Sprecher von Amundi haben Investoren ihre Portfolios "massiv umgeschichtet" – zugunsten europäischer Aktien und Staatsanleihen. Die Kapitalflüsse spiegelten eine "breitere Neupositionierung" nach den Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump wider.

Morningstar-Daten bestätigen diesen Trend: In den ersten beiden Aprilwochen zogen Anleger 3,9 Milliarden Euro aus US-Aktienfonds von Amundi, UBS und State Street ab. Zeitgleich verzeichneten europäische Fonds von iShares, Amundi und UBS Zuflüsse in Höhe von 2,4 Milliarden Euro.

"Sell America"-Stimmung nimmt zu
Die Flucht aus US-Anlagen reiht sich ein in eine zunehmende "Sell America"-Stimmung. Selbst bisher optimistische Anleger wenden sich von US-Märkten ab – auch wegen Trumps Drohung, Fed-Chef Jerome Powell zu entlassen. 

Die starke Verlagerung der Kapitalströme aus den USA nach Europa führe zu einer "Normalisierung der Bewertungen", sagte DWS-Chef Stefan Hoops: "Die Menschen sind viel weniger pessimistisch gegenüber Europa und weniger optimistisch gegenüber den USA", so Hoops im "Bloomberg"-Interview. "Die optimistische Stimmung gegenüber den USA und die pessimistische gegenüber Europa waren wahrscheinlich übertrieben – und das kehrt sich nun teilweise um."

Starke Zuflüsse in Deutschland und Frankreich
Laut Morningstar verzeichneten Fonds mit Sitz in Deutschland und Frankreich, die vor allem inländische Kunden ansprechen, in den letzten Wochen einen besonders starken Kapitalzufluss. "Als die beiden größten Volkswirtschaften Europas sind sowohl Deutschland als auch Frankreich besonders von den US-Zöllen betroffen", sagte Kenneth Lamont, leitender Fondsanalyst bei Morningstar. Vor diesem Hintergrund würden die Daten auf eine gewisse "patriotische” Umverteilung des Kapitals nach Europa hindeuten, so Lamont.

FondsZuflüsse/AbflüsseSchwerpunkt
Amundi S&P 500 II UCITS ETF-592 Millionen EuroUSA
UBS MSCI USA Selection UCITS ETF-572 Millionen EuroUSA
UBS MSCI USA Socially Responsible UCITS ETF-514 Millionen EuroUSA
iShares Core Euro Stoxx 50 UCITS ETF+617 Millionen EuroEuropa
Amundi Euro Stoxx 50 II UCITS ETF+394 Millionen EuroEuropa
Amundi Stoxx Europe 600+327 Millionen EuroEuropa

Quelle: Morningstar-Daten für diesen Monat bis zum 14. April

UBS sieht laut einem Unternehmenssprecher eine taktische Umschichtung in der Vermögensallokation, ausgelöst durch höhere Marktvolatilität. Dies habe zu Abflüssen aus US-Aktien-ETFs und verstärktem Interesse an festverzinslichen Produkten geführt.

ETF-Zuflüsse stützen Europas Marktimage
Jane Sloan, Leiterin Global Product Solutions EMEA bei Blackrock, betonte, die jüngsten ETF-Zuflüsse zeigten das Vertrauen in die Qualität des europäischen Marktes. iShares-ETFs böten Millionen von Anlegern Zugang zu Instrumenten, mit denen sie ihre Portfolios gezielt ausrichten können, so Sloan.

Ein Sprecher von State Street kommentierte den Trend auf Anfrage nicht. Laut Morningstar neigen Anbieter bei Marktverwerfungen dazu, zuerst die teuersten US-Aktien-ETFs zu verkaufen – ein möglicher Grund für die Abflüsse bei Amundi und UBS.

Trump-Risiken belasten Märkte und Prognosen
Die handelspolitischen Maßnahmen Trumps treffen die US-Märkte hart. Der Dow Jones steuert auf den schlechtesten April seit 1932 zu. Laut Schätzungen von "Bloomberg Economics" könnten die am 2. April verkündeten "Befreiungstag-Zölle" die globale Wirtschaftsleistung bis Ende 2027 um bis zu zwei Billionen Dollar verringern – verglichen mit einem Szenario ohne zusätzliche Handelsbarrieren. (mb/Bloomberg)