"Nicht nur grüne, auch schmutzige Fonds sollten Farbe bekennen"
Warnhinweise sollen vom Rauchen abhalten, Nährwertangaben von Süßigkeiten. Warum wäre Ähnliches nicht auch für Fonds denkbar, die keine ESG-Kriterien berücksichtigen, fragt sich Karim Chatti von Triodos Investment Management.
Die EU-Offenlegungsverordnung sollte nicht nur Nachhaltigkeitsprodukte zu Transparenz verpflichten, sondern alle Fonds. Diese Forderung erhebt Karim Chatti von Triodos Investment Management. "Während 'schmutzige' Investmentfonds der Offenlegung entkommen, müssen 'nachhaltige' Fonds explizit angeben, worauf ihre Behauptung basiert. Warum eigentlich? Jede Investition hat einen Impact auf Umwelt und Klima – und leider ist dieser bei vielen Investmentfonds negativ", argumentiert er.
Derzeit biete die Sustainable-Finance-Regulierung keine Anreize für Fondsanbieter, ihre Anlageprodukte nachhaltiger zu gestalten, da dies zu mehr Arbeit und höheren Kosten führen würde, meint Chatti. "Nur wenn nachhaltige Anlagen billiger und schädliche Anlagen teurer werden, kann eine Verlagerung von schädlichen Investitionen zu nachhaltigen angeregt werden", so seine Überzeugung.
"Beide Seiten der Medaille aufzeigen"
Noch fließe das meiste Geld in Fonds, die nicht oder kaum den Anspruch erheben, über Nachhaltigkeitsmerkmale zu verfügen. An dieser Stelle verortet der Triodos-IM-Manager einen "Fehler im System", der viel zu wenig beachtet werde: "Natürlich dürfen grüne Produkte nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verkauft werden, aber vielleicht ist es sogar noch wichtiger zu zeigen, dass 'gewöhnliche' Investmentfonds im Allgemeinen recht effektiv dazu beitragen, die Zukunft der Menschheit zu zerstören."
Er verweist auf Warnaufkleber auf Zigarettenschachteln und Nährwertangaben, um den Verbrauchern zu helfen, fundierte Entscheidungen darüber zu treffen, ob sie gesund leben und sich gesund ernähren wollen oder nicht. "Auch bei Investitionen sollten wir beide Seiten der Medaille aufzeigen", meint Chatti. Diese Transparenz würde auch die Kapitalströme verändern, so dass der Übergang zu einer nachhaltigen Welt beschleunigt werde. "Denn wie wir heute investieren, bestimmt, wie unsere Zukunft aussehen wird", so Chatti. "Wenn sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen auf einen Blick ersichtlich sind, wird es viel einfacher, die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen." (bm)
Kommentare
Warnmeldung für "grüne" Fonds
AntwortenIch denke es macht mehr Sinn vor grünen Fonds zu warnen: Achtung, Sie könnten massive Einbußen bei der Rendite haben. Oder: wenn Sie sich religiös selbst begrenzen, dann schränken Sie ihr Anlageuniversum unnötig ein. Im Supermarkt bin ich ja auch froh, dass die veganen Produkte mit einem "Warnhinweis" (vegan) versehen sind... Die EU-Taxxonimie ist doch de facto gescheitert, muss aber natürlich weiter eingehalten werden...
vriegel am 06.02.23 um 14:00