Likes statt Lizenz: Was dürfen Finfluencer?
Auch für Finfluencer in sozialen Medien gelten rechtliche Rahmenbedingungen – die selbst ernannten Experten vergessen das leider oft. Finanzberater sollten darüber auch Bescheid wissen. Einen Überblick gibt die auf Finanzmarktrecht spezialisierte Kanzlei Brandl Talos.
Sogenannte Finanz-Influencer (oder auch Finfluencer) sind Internetpersönlichkeiten, die enorme Reichweiten in sozialen Medien haben können. Sie nutzen etwa Instagram, Tiktok oder Youtube und sprechen über Einzelaktien, ETFs, Kryptowährungen, passives Einkommen und darüber, wie ihre Zuschauer finanzielle Unabhängigkeit erlangen können. Dadurch erreichen sie eine neue Generation, die Finanzbildung nicht im klassischen Beratungsgespräch, sondern auf dem Smartphone konsumiert. Der Zugang über digitale Plattformen spricht vor allem junge Menschen an. Rezente Studien zeigen, dass eine große Zahl der unter 30-Jährigen Finanzwissen primär über soziale Medien bezieht.
Einige Bankinstitute setzen mittlerweile auf eigene Tiktok-Kanäle oder kooperieren mit ausgewählten Finfluencern. Auf den ersten Blick scheint das eine positive Entwicklung zu sein, da sie jüngeren Menschen erste Kontakte zur Welt der Finanzen eröffnen. Auch die OeNB sieht darin einen Fortschritt, da der unkomplizierte Zugang zu derartigen Informationen ein frühes und besseres Verständnis für die Geld- und Kapitalanlage fördere. Zugleich mahnt die OeNB allerdings auch zur kritischen Prüfung: Nicht jeder Kanal ist qualitativ hochwertig, nicht jede Empfehlung taugt zur soliden Finanzbildung. Insbesondere würden Risiken zum Teil bewusst verharmlost.
Die Kehrseite
Genauso häufig wird aber vor Finfluencern gewarnt. Der von der Arbeiterkammer Wien (AK Wien) veröffentlichte Praxischeck Finfluencer 2024 (AK-Praxischeck 2024) zeigt etwa, dass sich nicht alle Finfluencer primär als Bildungsakteure verstehen. Für viele steht das Monetarisierungspotenzial im Vordergrund – und das beginnt oft bei scheinbar kostenlosen Webinaren. Die AK Wien kam zu dem Ergebnis, dass lediglich ein Bruchteil der analysierten Finfluencer wirtschaftliche Interessen offenlegt. Etwa drei von zehn analysierten Profilen geben an, wofür sie Provisionen erhalten. Gerade beim Affiliate-Marketing bleibt Transparenz die Ausnahme.
Viele Inhalte basieren zudem auf stark vereinfachten Botschaften, ohne dass unterschiedliche Risikoprofile oder individuelle Lebenssituationen berücksichtigt werden. Die scheinbare Einfachheit mag für (oftmals junge) Laien verlockend sein, führt jedoch dazu, dass komplexe Finanzentscheidungen ohne ausreichendes Wissen getroffen werden. Auch die Qualität der Inhalte lässt laut AK Wien häufig zu wünschen übrig: Die Hälfte der Beiträge enthält keine Quellenangaben, und objektive Risikohinweise fehlen zumeist. Stattdessen dominieren Emotionalisierung und "Erfolgsstorys". Und damit stellt sich die Gretchenfrage: Ist diese Vorgehensweise denn eigentlich zulässig?
Was sagt das Gesetz?
Die Regulierung der Finanzmärkte zielt im Kern darauf ab, Anleger zu schützen und die Stabilität des Finanzsystems zu sichern. Ein zentrales Regelwerk dafür ist in Österreich das Wertpapieraufsichtsgesetz, das europarechtliche Grundlagen hat und – über weite Strecken – ähnliche Rahmenbedingungen wie in der restlichen EU schafft. Es verpflichtet Anbieter von Wertpapier- und Wertpapiernebendienstleistungen, ihre Tätigkeit ehrlich, professionell und ohne Irreführung zu erbringen. Die Vorgaben richten sich in erster Linie an konzessionierte Wertpapierfirmen und andere professionelle Dienstleister. Ob auch Finfluencer in diesen Anwendungsbereich fallen, hängt vom konkreten Inhalt ihrer Tätigkeit ab.
Wohlverhaltensregeln des WAG
Arbeiten Finfluencer im Auftrag konzessionierter Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder Kreditinstitute – etwa indem sie Finanzinstrumente vermitteln oder darüber beraten –, können sie das als Wertpapiervermittler oder vertraglich gebundene Vermittler tun. In beiden Fällen gelten die Wohlverhaltensregeln des WAG, die eine sachgerechte Information und eine sorgfaltsgemäße Behandlung der Kunden sicherstellen sollen. Diese Vermittler müssen über die einschlägige Gewerbeberechtigung als Gewerblicher Vermögensberater oder als Wertpapiervermittler verfügen und handeln im Namen und auf Rechnung von konzessionierten Rechtsträgern (Haftungsdach). In beiden Fällen sind öffentlich einsehbare Gewerbeberechtigungen erforderlich.
Konzessionstatbestand
Wesentlich häufiger werden Finfluencer aber ohne Haftungsdach auftreten. Dann ist entscheidend, ob ihre Tätigkeit als konzessionspflichtige Wertpapier- oder Wertpapiernebendienstleistung einzustufen ist. In der Praxis könnten Finfluencer insbesondere Anlageberatung erbringen. Liegt eine solche vor, darf die Dienstleistung ausschließlich von registrierten und konzessionierten Anbietern erbracht werden. Gibt der Finfluencer etwa eine persönliche Empfehlung zu einem Finanzinstrument ab (zum Beispiel Aktie, Fonds), und analysiert er dabei die individuelle Vermögenssituation eines Kunden, wird es sich dabei regelmäßig um eine konzessionspflichtige Wertpapierleistung handeln. Dazu stellt die FMA klar, dass selbst wenn kein Honorar verlangt wird, bereits ein mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil ausreicht (zum Beispiel durch bezahlte Coachings), um unter den Konzessionstatbestand zu fallen.
Den gesamten Artikel von Dr. Raphael Toman, LL.M. (NYU), und Mag. Maurizio Kamper von der auf Finanzmarktrecht spezialisierten Kanzlei Brandl Talos lesen Sie in der neuen Heftausgabe 3/2025 von FONDS professionell, die Ende September erscheint.















