Aufgeblähte CEO-Gehälter, insbesondere durch komplexe Bonusstrukturen sowie Aktienoptionen, verschärfen die Vermögensungleichheit immer mehr, sagt Karim Chatti, Kundenbetreuer bei der auf nachhaltige Anlagen spezialisierten Triodos Investment Management. Er nennt als Beispiel den Bonus in Höhe von 56 Milliarden US-Dollar, den die Aktionäre Tesla-Chef Elon Musk bewilligten. "Unkontrollierte Vergütungspakete sind mehr als nur ein Unternehmensproblem – sie sind eine tickende Zeitbombe für die Stabilität der Wirtschaft und sogar für die Demokratie", warnt Chatti. 

Spannungen in Firmen und Gesellschaft
Während Führungskräfte Milliardenbeträge anhäufen, wachse die Kluft zwischen ihren Gehältern und denen von Durchschnittsarbeitern weiter. Im Jahr 1978 verdiente ein typischer CEO etwa 30 Mal mehr als der durchschnittliche Arbeitnehmer. Bis 2023 hat sich diese Zahl auf das über 300-fache erhöht. Diese Ungleichheit kann für nachhaltig orientierte Anleger bei der Auswahl von und dem Engagement mit Portfolio-Unternehmen ein wichtiger Aspekt sein, erläutert Chatti.

Eine allzu krasse Diskrepanz zwischen den Gehältern der Vorstandsvorsitzenden und den Durchschnittsgehältern der Arbeitnehmer könne zu Spannungen innerhalb eines Unternehmens führen. Ungerechtfertigte Einkommensunterschiede würden sich aber auch auf die gesamte Gesellschaft auswirken, so der Senior Relationship Manager Institutional Clients. Das wachsende Wohlstandsgefälle werde zunehmend als ernste Herausforderung für sozialen Zusammenhalt sowie die Stabilität von demokratischen Institutionen gesehen: "Ungleichheit ist daher nicht nur ein wirtschaftliches, sondern vor allem auch ein soziales und politisches Problem", sagt Chatti.

Langfristige Anreizsysteme schaffen
Eine Führungskraft sollte auf der Grundlage ihrer Leistung und nach klaren, transparenten Kriterien bezahlt werden, so der ESG-Experte. Ein CEO müsse ebenso einen Anreiz haben, das Unternehmen zu stärken sowie langfristige Ziele wie nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Klimapolitik zu unterstützen. Kurzfristige, aktienbezogene Boni könnten CEOs dazu verleiten, übermäßige Risiken einzugehen, die dem Unternehmen schaden und letztlich den Shareholder Value zerstören könnten.

Chatti sagt: "Es ist an der Zeit, dass die Aktionäre einen gerechteren, leistungsorientierten Ansatz für die Vergütung von Führungskräften fordern – ein Ansatz, der im Übrigen auch mit der ESG- und Impact-Politik vieler institutioneller Anleger übereinstimmt." Im Fall von Tesla jedenfalls habe Triodos IM schon vor Jahren beschlossen, nicht mehr in das Unternehmen zu investieren, weil man schon damals festgestellt habe, dass die Manager-Gehälter zu hoch gewesen seien. (jh)