Erinnerungen an Napoleons Rückkehr: Davos huldigt Trump
Vor vier Jahren atmete die Davoser Elite kollektiv auf: Endlich waren sie Donald Trump los. Doch mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus scheint der Zeitgeist beim diesjährigen Treffen ganz auf Trumps Linie einzuschwenken. Der Grund? Das Geschäft.
Seit dem ersten Treffen 1971 ist Davos zu einer Art Kathedrale des Globalismus geworden. Generationen von Staatsoberhäuptern, Wirtschaftsführern und milliardenschweren Hedgefonds- und Tech-Mogulen haben in der Idylle der Schweizer Alpen die wachsende Ungleichheit in der Welt und die Gefahren des Kohlendioxid-Ausstoßes beklagt, während sie sich bei der An- und Abreise im weichen Leder ihrer Learjets entspannten. In diesem Jahr findet das Weltwirtschaftsforum vom 20. bis zum 24. Januar statt.
Eigene Interessen haben Vorrang
Mit der Rückkehr Trumps ins Weiße Haus scheinen viele bereit, alles zu tun, um ihre Interessen zu schützen und zu fördern. Wenn das bedeutet, dass einige der in Davos gefeierten Ideen zumindest vorübergehend auf Eis gelegt werden müssen, dann soll es so sein. Die Debatte über Gleichstellung, Vielfalt und die Dringlichkeit des Klimawandels muss wohl erst einmal warten.
"Ich fühle mich daran erinnert, was geschah, als Napoleon Elba verließ", sagte Lloyd Blankfein, ehemaliger Langzeit-Chef von Goldman Sachs. Frankreichs Zeitungen hätten Napoleon 1815 zunächst als "Ungeheuer" und "Unhold" bezeichnet. Als er sich Paris näherte, verkündeten die Zeitungen dann, dass "Seine Majestät" eintreffe. "Und Trump könnte der Vergleich mit Napoleon durchaus gefallen", so Blankfein.
"Die Aufgabe eines Geschäftsmannes ist es nicht, die Welt zu verändern, sondern mit ihr zurechtzukommen", sagte Wilbur Ross, der Private-Equity-Milliardär, der im ersten Trump-Kabinett Handelsminister war.
Von Initiativen distanziert
Noch bevor Trump seine rechte Hand zum Amtseid erhob, haben Konzerne von McDonald's bis Walmart im Sog des Rechtsrutschs im Land ihre Initiativen für Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion zurückgenommen. Die sechs größten US-Banken sind alle aus der von den Vereinten Nationen geförderten Net-Zero Banking Alliance (NZBA) ausgestiegen, die dazu beitragen sollte, im Kampf gegen den Klimawandel die Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren.
Nach seinem Wahlsieg hatten sich eine ganze Reihe von CEOs auf den Weg zu Trumps Residenz Mar-a-Lago in Palm Beach gemacht: Satya Nadella von Microsoft ebenso wie Tim Cook von Apple und Coca-Cola-Chef James Quincey. "Sie erkennen, dass er jemand ist, der Kritik gegenüber dünnhäutig und für Schmeicheleien empfänglich ist", sagte Jeff Sonnenfeld, ein bekannter CEO-Berater der Yale School of Management. (mb/Bloomberg)