Das Budget in Zahlen und Grafiken: Wer sparen muss, wer mehr bekommt
Finanzminister Markus Marterbauer präsentierte bei seiner ersten Budgetrede im Parlament die Eckpunkte des Doppelbudgets für 2025 und 2026. Durch Einsparungen oder höhere Einnahmen müssen die Staatsfinanzen 2025 um 6,4 Milliarden Euro und 2026 um 8,7 Milliarden Euro entlastet werden.
Österreich muss sparen. Das ist seit der "Entdeckung" eines unerwartet hohen Budgetlochs klar, das sich nach geschlagener Nationalratswahl Ende 2024 plötzlich auftat. Der damalige Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte das Desaster mit davor noch nicht verfügbaren Zahlen gerechtfertigt.
Am Dienstag (13.5.) fasste nun der neue Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) die Details zum Sanierungspaket der neuen Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS zusammen. Über 15 Milliarden Euro müssen heuer und 2026 entweder eingespart oder mehr eingenommen werden.
Erst 2028 unter Maastricht-Defizitschwelle
Warum, verdeutlicht diese Grafik: 2024 lag das Defizit der Republik bei 22,5 Milliarden Euro oder 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Erlaubt sind gemäß Maastricht-Vorgaben nur drei Prozent. Diese Schwelle wird Österreich aus heutiger Sicht erst im Jahr 2028 wieder erreichen. Durch die 2025er-Maßnahmen (6,4 Milliarden) der schwarz-rot-pinken Regierung soll heuer ein kleiner Rückgang auf 4,5 Prozent erreicht werden.
Quelle: BMF; bmf.gv.at
Ohne Sanierungsmaßnahmen würde das Defizit heuer auf 5,8 Prozent des BIP ansteigen, so Marterbauer.
Rasant angestiegen ist die Staatsschuldenquote. Sie lag 2024 bereits bei 81,8 Prozent der Wirtschaftsleistung. Ohne Maßnahmen würde sie laut Finanzminister bis 2029 an die 100-Prozent-Marke heranrücken. Durch die Sanierungsbemühungen soll der Anstieg auf 87 Prozent begrenzt werden.
Quelle: BMF; bmf.gv.at
Durch eine hohe Verschuldung mache sich Österreich angreifbar, nicht zuletzt durch die volatilen Kapitalmärkte. Zinszahlungen seien "unproduktive Ausgaben", die anders sinnvoller eingesetzt wären, so Marterbauer.
Quelle: BMF; bmf.gv.at
Einnahmenseite: Banken und Grundsteuern
Über Mehreinnahmen sollen 2025 zwei Milliarden Euro zusätzlich hereinkommen und über drei Milliarden Euro im Jahr 2026. Die Stabilitätsabgabe der Banken bringt 350 Millionen Euro, der Energiekrisenbeitrag der Energiewirtschaft 200 Millionen Euro. Die Umsatzsteuerbefreiung von Photovoltaikanlagen wird vorzeitig abgeschafft. Angehoben wird die Tabaksteuer, ebenso wie eine Reihe von Bundesgebühren und die Glücksspielabgabe.
Kommen wird auch die angekündigte Grunderwerbsteuerreform: Share Deals sollen höher besteuert werden. Eingeführt wird eine Umwidmungsabgabe für Neuwidmungen von Grundstücken.
Spitzensteuersatz und Stiftungen
Und der Spitzensteuersatz für Jahreseinkommen über einer Million Euro wird verlängert. Ausgesetzt wird laut Marterbauer das dritte Drittel des Ausgleichs der kalten Progression; beides bringt rund eine halbe Milliarde Euro.
Stiftungen müssen sich mit einer Besteuerungsreform auseinandersetzen: Der Steuersatz auf Zuwendungen an Privatstiftungen wird auf 3,5 Prozent, die Zwischensteuer auf 27,5 Prozent sowie das Stiftungseingangssteueräquivalent im Rahmen der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent angehoben.
Steuerbetrugs-Offensive
In seiner Rede kündigte Marterbauer eine noch nicht näher beschriebene "Offensive im Kampf gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung" an. Jedenfalls sollen intensiv "neue Datenquellen für die Bekämpfung des Steuerbetrugs" angezapft werden.
Ausgabenseite: Kein Klimabonus mehr
Auf der Ausgabenseite leistet die Abschaffung des Klimabonus mit knapp zwei Milliarden Euro 2025 den größten Beitrag. Ursprünglich als "politisch, wirtschaftlich und sozial sinnvoller Ausgleich" zur CO2-Bepreisung eingeführt, funktionierte das System schlecht. Zuletzt wurde doppelt so viel ausgezahlt wie eingenommen. Als Ausgleich plane die Regierung den Pendlereuro von zwei auf sechs Euro pro Kilometer anzuheben, gleichzeitig soll der Negativsteuerzuschlag für Pendler erhöht werden.
Bei Klimathemen könne man "angesichts der ernsten Lage des Staatshaushalts" weniger auf Förderungen setzen. Im Vordergrund stehe die Rahmengebung. Regeln soll es für den Gasausstieg in der Raumwärme oder für die Bodenversiegelung geben. Unter anderem soll der Leerstand reduziert werden. Eine eigene "Taskforce" soll Förderungen auf Ziele und Erreichung prüfen.
Beibehalten wird das Klimaticket. Trotz hoher Kosten, wie Marterbauer hervorhob. Das Ticket begeistere die Menschen, diesen Kulturwandel brauche man. Jedoch werde der Preis des Klimatickets angehoben. Abgeschafft wird das Gratisklimaticket für 18-Jährige.
Familien
Sparen müssen auch die Familien. Wie bereits seit Längerem bekannt ist, werden Leistungen wie Familienbeihilfe oder Kinderabsetzbetrag 2026 und 2027 nicht um die Inflation angepasst. Das soll fast 200 Millionen Euro im Jahr 2026 und 400 Millionen im Jahr 2027 bringen.
650 Millionen erwartet sich Marterbauer 2026 aus der Zusammenstutzung der lang in der Kritik stehenden Bildungskarenz. Bei den Ressorts will er 2025 durch Ausgabenkürzungen 1,1 Milliarden Euro holen.
Pensionen – Teilpension kommt
Das Pensionssystem soll durch eine schrittweise Anhebung des Antrittsalters bei der Frühpension (Korridorpension) von 62 auf 63 entlastet werden; die erforderliche Versicherungszeit steigt von 40 auf 42 Jahre. Reformen soll es bei der Altersteilzeit geben: Es wird eine Teilpension eingeführt (Mischung aus Arbeit und Pension).
Zudem habe man sich auf einen "Nachhaltigkeitsmechanismus" verständigt, der greift, wenn das Pensionsantrittsalter nicht im erhofften Maß steigt oder die Kosten nicht im erwarteten Rahmen bleiben. Wie der Mechanismus funktioniert, ist vorerst offen.
BU und Invalidität
Änderungen bei der Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension sowie bei der Pensionsaliquotierung sollen 600 Millionen im Jahr 2026 bringen.
Bei den Investitionen liege der Schwerpunkt auf der Bildung. Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr ab 2026 kostet 80 Millionen Euro. Die Ausbildung von Kindergartenpädagogen wird mit zehn Millionen Euro 2025 beziehungsweise mit 15 Millionen jährlich ab 2026 unterstützt. Zusatzmittel für Deutschförderung soll es geben, zudem ein Projekt "Chancenbonus" (65 Millionen Euro) für Schulen mit besonderem Bedarf.
Kleinere Betriebe
Selbständig Erwerbstätige und kleinere Betriebe können sich über die Erhöhung der Basispauschalierung freuen. Zu diesem Zweck werden die Umsatzgrenze für die Pauschalierung in zwei Schritten auf 420.000 Euro und die pauschalen Betriebsausgaben teilweise auf 15 Prozent der Umsätze erhöht. Zudem können Betriebe 2025 und 2026 ihren Beschäftigten eine steuerfreie Prämie zahlen (bis zu 1.000 Euro 2025).
Investitionen in Polizei (neue Schutzwesten um 50 Millionen Euro, Terrorabwehr, Gewaltprävention) und Bundesheer werden erhöht. Ziel sind Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des BIP bis 2032. Gleichzeitig muss das Verteidigungsministerium aber bei Sachausgaben sparen.
Entbürokratisierung und mehr Budgettransparenz
Versprochen wird eine Entbürokratisierung: weniger Vorschriften und schnellere Genehmigungsverfahren. Etwa für neue Pumpspeicherkraftwerke und Windkraft, da kostengünstiger Strom entscheidend für den Standort ist, wie der Finanzminister hervorhob.
Marterbauer versprach eine "höhere Transparenz bei den Budgetzahlen" beziehungsweise eine "neue Ära" bei der Information. Man werde Parlament und Öffentlichkeit laufend über den aktuellen Stand der Staatsfinanzen informieren, inklusive der Zahlen aus Ländern, Städten und Gemeinden.
Budgetmisere
Die Ursache für die Budgetmisere liegt laut Marterbauer vor allem in der schwachen Wirtschaftsleistung. Österreich habe seit 2022 im Vergleich zu anderen EU-Ländern schlechter abgeschnitten. Und die Inflation – die Preise stiegen innert drei Jahren um rund 20 Prozent – sei deutlich über jener vergleichbarer Länder gelegen.
Quelle: BMF; bmf.gv.at
Die reale Wirtschaftsleistung droht 2025 das dritte Jahr in Folge zu sinken. Sinkt das Bruttoinlandsprodukt nur um ein Prozent, kostet das den Staatshaushalt nach den gängigen Faustregeln etwa ein halbes Prozent des BIP, also zwei Milliarden Euro.
Österreich habe in den vergangenen Jahren – wenig erfolgreich – versucht, die hohe Inflation für Haushalte und Unternehmen mit immer neuen, aber wenig gezielten, Transfers und Förderungen auszugleichen. Dazu kamen nicht gegenfinanzierte Steuersenkungen (KöSt, Lohnnebenkosten, Abschaffung der kalten Progression, Tarifsenkungen), wie Marterbauer sagte.
Arbeitslosigkeit gestiegen
Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen, es sind heute um 50.000 Arbeitslose mehr als vor zwei Jahren. Dies führt zu geringeren Steuereinnahmen und höheren Ausgaben für Arbeitslosigkeit und Pensionen. Gleichzeitig verunsichern Teuerung und Konjunkturflaute die Haushalte und Unternehmen, was Konsum und Investitionen bremst.
Quelle: BMF; bmf.gv.at
Das Budget wird nun im Nationalrat beraten. Die abschließenden Plenarberatungen mit Zweiter und Dritter Lesung sollen von 16. bis 18. Juni 2025 stattfinden. (eml)