Bundesbank-Chef: Zentralbank-Relevanz hängt an digitalen Währungen
Die technologischen Innovationen der vergangenen Jahre stellen die Zukunft der Zentralbanken in Frage und die Verantwortlichen müssen die Anpassung, auch an digitale Währungen, "beschleunigen", so Bundesbank-Präsident Joachim Nagel.
"Wenn man mich vor 20 Jahren gefragt hätte, ob das Geschäftsmodell der Zentralbank zerstörbar ist oder nicht, hätte ich nein gesagt", sagte Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, am Montag (6.5.) in Basel. "Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher – und deshalb sitzen wir hier. Wir müssen an unserem Geschäftsmodell arbeiten. Und DLT (Distributed-Ledger-Technologie) ist nur ein Werkzeug, ein Instrument, das uns dabei helfen kann, diesen Punkt zu erreichen."
"Wir müssen das alles beschleunigen"
Nagel sprach auf einer Konferenz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich über digitale Währungen von Zentralbanken. Die EZB hat im vergangenen Jahr die nächste Phase ihres Digital-Euro-Projekts eingeleitet und bereitet die Ausgabe der Währung in den kommenden Jahren vor, auch wenn eine endgültige Entscheidung noch aussteht.
Es sei "eine Notwendigkeit, den digitalen Euro wirklich zu erreichen", so Nagel. "Wir müssen das alles beschleunigen", einschließlich der DLT. "Man muss über ein anderes, neues Kernprodukt nachdenken, wenn ein Teil des Kernprodukts an Attraktivität verliert", sagte er und bezog sich dabei auf das schwindende Interesse an physischem Geld – selbst im bargeldverliebten Deutschland.
Brauchen digitale Zentralbankwährung "sowohl für Wholesale als auch für Retail"
Zuvor hatte Frankreichs Zentralbankchef Francois Villeroy de Galhau erklärt, die Zentralbanken sollten die Verwendung digitaler Währungen sowohl für den Wholesale- als auch für den Retail-Bereich in Betracht ziehen.
"Die Art und Weise, wie wir Zentralbankgeld zur Verfügung stellen, muss an das 21. Jahrhundert angepasst werden, um sicherzustellen, dass Zentralbankgeld seine grundlegende Rolle beibehält: Diese Rolle besteht nicht darin, das dominante Zahlungsmittel zu sein, sondern ein Stabilitätsanker für das Finanzsystem", so Villeroy. "Deshalb glaube ich, dass wir früher oder später eine digitale Zentralbankwährung sowohl für Wholesale als auch für Retail brauchen werden."
Die Öffentlichkeit hat sich auf Retail-CBDCs konzentriert, bei denen die Verbraucher direkten Zugang zu digitalem Zentralbankgeld haben, so wie sie heute Bargeld halten. Währungsbehörden auf der ganzen Welt haben sich auch mit Wholesale-CBDCs befasst, bei denen es um eine effizientere Technologie für Zahlungen zwischen Banken und der Zentralbank geht, die möglicherweise die Blockchain nutzt.
Die neue Technologie könnte Auswirkungen auf die Geschäftsbanken haben, aber Villeroy sagte auf der BIZ-Konferenz, dass "wir uns bei der EZB und der Banque de France entsprechend vorbereiten und dass die Geschäftsbanken keine Angst haben müssen".
"Verschiebung der Gewichtung hin zu Wholesale-CBDCs"
Ihr italienischer Amtskollege im EZB-Rat, Fabio Panetta, betonte auf der gleichen Veranstaltung, dass Whoelsale-CBDCs an Bedeutung gewinnen, und verwies auf eine Umfrage des BIZ-Ausschusses für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen. "Wir sehen einen starken Anstieg der Zahl der Wholesale-Experimente", sagte er. "Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zentralbanken in den nächsten sechs Jahren ein CBDC herausgeben, für Wholesale höher als für Retail."
BIZ-Chefökonom Hyun Song Shin stimmte dem zu. "Es gibt eine Verschiebung der Gewichtung hin zu Wholesale-CBDCs", sagte er. (mb/Bloomberg)