BAV-Diskussion: "Selbständige müssen mehr Möglichkeiten erhalten"
Die Corona-Krise liefert Finanzvermittlern neue Anknüpfungspunkte für die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Das sagten die Vertreter großer Versicherer bei einer Diskussion, die der ditigale Vermögensverwalter Finabro organisiert hat.
Durch die Corona-Pandemie sei das Neugeschäft in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) "deutlich" zurückgegangen, sagten die Vertreter österreichischer Versicherer bei einer Expertendiskussion der digitalen Vorsorge-Plattform Finabro. Kündigungen und Kurzarbeit hätten dazu beigetragen. Allerdings bestehe trotz oder gerade wegen der Umsatzrückgänge die Notwendigkeit, gute Mitarbeiter zu halten. Hier könne die bAV, die zweite Säule der Altersvorsorge, ein passendes Mittel der Motivation sein.
"Jetzt ist der Punkt, an dem man als Vermittler versuchen kann, die Kundenfälle in der bAV zu identifizieren, jene Unternehmen anzusprechen, die dadurch sogar profitiert haben", so Wolfgang Weisz, Leiter betriebliche Altersvorsorge bei der Allianz Elementar Lebensversicherung. Nach Ansicht seines Kollegen Christian Schuster von der Wiener Städtischen würden gerade durch die Krise gewisse bAV-Produkte attraktiver. Er erwähnte etwa Pensionszusagen für die Führungsebene oder die 300 Euro (Paragraf-3-Freibetrag), die jährlich vom Arbeitnehmer steuerfrei angelegt werden können. Schuster betrachtet die bAV als Möglichkeit, um den Einsatz während der Krise zu honorieren. Michael Slechta von der Donau Versicherung sieht das ebenso: "Firmen werden darüber nachdenken: 'Welche Mitarbeiter haben mich durch die Krise gebracht und wo sind denn die Spitzenarbeitskräfte, die ich unbedingt brauche und die ich halten möchte?'"
Bedeutung für Krisengewinner und -verlierer
Der Anknüpfungspunkt bestünde nicht nur für Branchen, die in der Krise besonders gebraucht wurden und daher ihre Umsätze steigern konnten. Auch Unternehmen, die von der Krise hart getroffen wurden, hätten einen Bedarf für Initiativen zur Mitarbeitermotivation, so die Diskutanten.
Wilhlem Rost, Senior Manager im Bereich betriebliche Personenversicherung bei der Generali, verwies auf die Kombinationsmöglichkeit mit anderen Versicherungsprodukten. "Auch kollektive Unfall- oder Gruppenkrankenversicherung sollten bei Kunden aktuell angeboten werden. Wir haben mit diesen Produkten in Ergänzung zur klassischen bAV bereits sehr positive Erfahrungen gemacht", so Rost.
Politische Initiative gefragt
Die Diskussionsteilnehmer verwiesen darauf, dass es mehr politische Unterstützung für die zweite Säule brauche, und sie machten dabei auf den bereits bestehenden Forderungskatalog des Versicherungsverbandes (VVO) aufmerksam. In dem Katalog wird etwa die Anhebung des Paragraf-3-Freibetrags oder auch die Schaffung von Anreizen für Selbständige gefordert.
"Selbständige haben derzeit sehr eingeschränkte Möglichkeiten, betriebliche Vorsorge zu betreiben", sagte Weisz von der Allianz, der hier mehr politische Initiativen fordert. Außerdem sei eine Freibetragsanpassung überfällig, wie Wilhelm Rost von der Generali-Versicherung anmerkte: "1967 lag der steuerliche Freibetrag bei 3.000 Schilling. Mitte der 1970er-Jahre wurde er auf 4.000 Schilling erhöht, die mit der Euroumstellung dann zu 300 Euro wurden. Also findet seit 45 Jahren keine Valorisierung mehr statt. Das spricht Bände", so Rost. (eml)