Im vergangen Jahr nominiert, 2020 Gewinnerin: Michaela Krahwinkel, Leiterin Performance-Analyse bei der zu Union Investment gehörenden Union-Service-Gesellschaft, ist mit dem Fondsfrauen Award in der Kategorie "Role Model of the Year" ausgezeichnet worden. Im Interview mit FONDS professionell Online erklärt die erfahrene Finanzfrau, warum sie Diversität im Asset Management auch aus rein wirtschaftlichen Gründen für wichtig hält.


Frau Krahwinkel, Sie waren bereits 2019 für den Fondsfrauen Award in der Kategorie "Role Model of the Year" nominiert, dieses Jahr geht die Auszeichnung an Sie. Ist die Freude groß?

Michaela Krahwinkel: Ich habe mich im vergangenen Jahr schon riesig gefreut, überhaupt in die enge Auswahl gekommen zu sein, aber auch darüber, dass Evi Vogl den Award erhalten hat. Dass ich nun dieses Jahr das "Role Model" bin, bestätigt mich auf jeden Fall in meiner Arbeit und macht mich natürlich stolz – andererseits beschämt es mich.

Warum das?

Krahwinkel: Es gibt so viele tolle Frauen, die den Preis genauso verdienen, weil auch sie uns allen Vorbild und Mutmacher sind. Ich wünsche mir daher, dass noch viele diesen Award erhalten. Frauen müssen lernen, noch stärker zu netzwerken, sich gegenseitig Mut zu machen und sich zu unterstützen. Von "sich trauen" will ich gar nicht erst sprechen. Noch ist Diversity und Gleichberechtigung etwas, womit man sich gerne schmückt, aber ausreichend gelebt werden diese Themen noch lange nicht.

Sie haben geschafft, was für viele Frauen im Asset Management und in der Finanzbranche kaum zu erreichen ist: Sie haben eine Führungsposition inne. Wie ist Ihnen das gelungen?

Krahwinkel: Indem ich immer so war, wie ich bin. Ich halte mit meiner Meinung, auch mit Kritik, nicht hinter dem Berg, ganz egal, wen ich vor mir habe. Und ich mache nur Dinge, hinter denen ich wirklich stehe, damit ich abends auch noch in den Spiegel schauen kann. Objektivität und vor allem Fairness sind für mich essenziell. Das sind auch wichtige Eigenschaften für einen Performance-Analysten. Es ist nämlich gar nicht so einfach, jemandem wertschätzend zu sagen, dass er Mist gebaut hat. Meine berufliche Laufbahn hat sich quasi durch Mund-zu-Mund Propaganda entwickelt, meine Arbeitgeber sind alle auf mich zugekommen. Ich denke heute aber manchmal, dass ich mehr hätte erreichen können, wenn ich öfter noch deutlicher artikuliert hätte, was ich will. Oder wenn ich auf meinem beruflichen Weg jemanden gehabt hätte, der mir zu noch mehr Selbstbewusstsein verholfen hätte. Heute weiß ich, auch durch den Austausch mit Kolleginnen, was alles möglich ist, wenn man ein Netzwerk hat und sich traut.

Welche Position hätten Sie denn angestrebt, wenn Sie sich mehr getraut hätten?

Krahwinkel: Klar, ich bin Abteilungsleiterin in einer Stabsfunktion und habe eine sehr wichtige Aufgabe, die mir Spaß macht. Doch mein Mann sagt immer: "Du hättest eigentlich längst zum Vorstand gehören sollen." Letztlich bin ich aber zufrieden und eigentlich auch immer zufrieden gewesen. Vor allem, weil ich eine Macherin bin und ich dies bei Union Investment auch sein darf.

Aber...?

Krahwinkel: Aber manchmal bin ich natürlich schon an Grenzen gestoßen. Auf jeden Fall weiß ich heute, dass es für Frauen wichtig ist, deutlich zu machen, was sie wollen und sich zu trauen. Das hat eben auch etwas mit klarer Kommunikation zu tun. Diese Haltung gebe ich auch allen meinen Mentees und Kolleginnen mit auf den Weg, die ich unterstütze oder die mich um Rat fragen. Denn wenn sie nicht sagen, was sie wollen, können sie nicht erwarten, dass man ihnen ihre Wünsche von den Augen abliest. Und mehr als ein Nein kann man ja nicht kriegen.

Sie sind sehr aktiv in Mentoringprogrammen. Beobachten Sie, dass sich die Situation für Frauen im Asset Management in den vergangenen Jahren verändert hat?

Krahwinkel: Die Knackpunkte sind im Grunde leider immer noch fast dieselben wie früher. Oft kommen junge Frauen und erklären, sie seien im Job anerkannt, hätten gar keine Probleme, sich zu entwickeln. Und dann erlebt man sie fünf Jahre später und sie sagen: "Nein, ich stoße an Grenzen, ich komme nicht weiter." Die alten Muster verändern sich leider nicht so schnell. Wir Frauen waren jahrhundertelang nicht auf dem männlich dominierten Spielfeld vertreten. Wenn wir uns das Feld jetzt erobern wollen, ist es selbstverständlich, dass wir performen. Aber es muss auch jemanden geben, der uns gleichberechtigt auf den Platz lässt, damit wir spielen können. Man muss sich auf uns Frauen einlassen und nicht nur mit seinesgleichen arbeiten wollen und kommunizieren. Das ist für Männer wohl oft eine schwierige Sache. Frauen müssen den Mut haben, in die Offensive zu gehen, selbst wenn sie etwas nicht zu 100 Prozent beherrschen. 

Wie viele Mentees haben Sie schon begleitet?

Krahwinkel: Oh, das weiß ich wirklich nicht, ich habe aufgehört eine Liste zu führen, zumal ich auch außerhalb von Union Investment als Mentor fungiere. Ich mache das, weil ich Menschen mag und verhindern möchte, dass andere dieselben Fehler machen wie ich. Aber ich sehe Diversity auch knallhart wirtschaftlich. Eine Gruppe, die divers ist, ist auch resilient. In meinem Team zum Beispiel brauche ich verschiedene Meinungen und fordere zu Offenheit auf. Das bringt uns weiter und schafft Raum für Inspiration und damit Innovation. Wenn jeder nur das machen würde, was ich vorgebe, dann wären wir heute längst nicht so weit, wie wir sind. Persönliches Engagement ist hier enorm wichtig. Und Vielfalt und Fairness sind für ein resilientes und erfolgreiches Asset Management sehr wichtig.

Und was raten Sie jungen Frauen, die im Asset Management vorankommen wollen?

Krahwinkel: Selbstvertrauen haben, mutig sein, klarmachen, was sie wollen. Und wie gesagt, sie sollten sich unterstützen lassen, sich jemanden suchen, der ihnen sagt: "Das schaffst Du, und wenn nicht, dann schaffst Du etwas anderes."

Vielen Dank für das Gespräch. (am)