Die EU-Kommission hat einen ersten Entwurf der lange erwarteten Kleinanlegerstrategie vorgestellt. Das berichtet der deutsche AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen, dem das Papier nach eigenen Angaben vorliegt. Die Veröffentlichung des abschließenden Textes des Papiers wird am 24. Mai erwartet. Die gute Nachricht für Finanzdienstleister ist, dass der Text nicht wie ursprünglich angedacht ein vollständiges Provisionsverbot für Finanzprodukte enthält. 

Das Aus für das Verbot hatte EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness Ende April verkündet. Allerdings plant die EU-Kommission, dass es drei Jahre nach Inkrafttreten der Rechtsvorschriften eine Überprüfung geben soll – in deren Rahmen das Verbot wieder auf den Tisch kommen könnte.

AfW begrüßt Verzicht auf Provisionsverbot
"Wir möchten darauf hinweisen, dass es sich um einen Entwurf handelt, was bedeutet, dass das Dokument vor seiner offiziellen Vorlage noch geändert werden könnte", sagt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. "Grundsätzlich begrüßen wir im Interesse der von uns vertretenen unabhängigen Finanzanlagenvermittler sowie Versicherungsmakler und ihrer Kunden selbstverständlich die Entscheidung der Kommission, auf ein vollständiges Provisionsverbot zu verzichten."

Der Verband nennt als weitere wichtige Punkte der Kleinanlegerstrategie ein teilweises Verbot von Anreizen für reine Ausführungsprodukte, bei denen keine Beratung stattfindet. Ferner werde es einen überarbeiteten "Best Interest"-Test für Finanzberater geben: Damit sollen diese dazu gebracht werden, ihren Kunden alternative und billigere Produkte anzubieten. Auch die beruflichen Anforderungen an die Berater sollen verschärft werden.

Kontrollmandat für Bafin & Co.
Schließlich sollen die EU-Aufsichtsbehörden das Mandat erhalten, "Preis-Leistungs-Benchmarks" als Maßstäbe für Kosten und Leistung zu schaffen. "Eine Abweichung von der jeweiligen Benchmark sollte die Vermutung aufkommen lassen, dass die Kosten und Gebühren zu hoch sind und das Produkt kein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet", zitiert der AfW aus dem Dokument. 

Der deutsche Votum Verband äußerte scharfe Kritik an dem Entwurf für die EU-Kleinanlegerstrategie. So würden die europäischen Behörden für Wertpapieraufsicht (ESMA) und Versicherungsaufsicht (EIOPA) mit dem oben genannten Mandat zu einer Art "Produkt-Polizei" werden. Dies könnte einen europäischen Provisionsdeckel bedeuten. Ferner beanstandet der Verband, dass die EU-Kommission erneut nur den Bereich der provisionsbasierten Beratung mit Regulierung überziehe, aber kein Wort dazu verliere, dass auch im Bereich der Honorarberatung Gefahren für Fehlentwicklungen bestehen. "Auf diesem Auge bleibt die EU-Kommission blind. Letztendlich folgt die Kommissarin einer Ideologie anstatt eines faktenbasierten Politikansatzes", so der geschäftsführende Votum-Vorstand Martin Klein. (jb)