Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Österreich steigt weiterhin, wenngleich der Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) erklärt, dass nach wie vor nicht von einer Pleitewelle gesprochen werden kann. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres sind die Firmenpleiten zwischen Jänner und März 2023 um 22,3 Prozent gestiegen, womit erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie das Vorkrisenniveau (+1 %) überschritten wurde. Somit sind in den ersten drei Monaten pro Tag 14 Unternehmen in die Insolvenz geschlittert, dies geht aus einer aktuellen Hochrechnung des KSV1870 hervor. "Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Vorjahres haben sich zu Jahresbeginn fortgesetzt, weshalb der Trend vergangener Monate anhält. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis das Vorkrisenniveau erreicht wird. Jetzt ist es so weit", erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim KSV1870.

Neben dem deutlichen Zuwachs (+35,5 %) bei den Eröffnungen fällt auf, dass auch die Zahl der mangels Kostendeckung nicht eröffneten Verfahren (+5,1 %) gestiegen ist. "In diesen Fällen ist der 'worst case' eingetreten. Nachdem zu lange mit einem Insolvenzantrag gewartet wurde, müssen diese Unternehmen liquidiert werden. Für die Mitarbeiter bedeutet das den Verlust ihrer Jobs, zudem sehen die Gläubiger keinen Cent", so Götze. Aus Sicht des KSV1870 wäre es eine Option, zukünftig über die Eröffnung von aktuell nicht eröffneten Fällen nachzudenken. Auch, weil es im Zuge einer ordentlichen Regulierung häufig durchaus realistisch wäre, verwertbare Assets zu finden, die zugunsten der Gläubiger ausgelegt werden könnten.

Passiva geringfügig gestiegen
Im Gegensatz zu den Fallzahlen fällt das Plus bei den vorläufigen Passiva weitaus geringer aus. Passiva in der Höhe von rund 286 Millionen Euro bedeuten einen Anstieg von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit bestätigt sich laut dem KSV1870 der jüngste Trend, dass Firmenpleiten zunehmend kleinteiliger werden. Insgesamt gab es bislang fünf Unternehmensinsolvenzen mit Passiva von zumindest zehn Millionen Euro. Die bis dato größte Pleite des Jahres betrifft die "Pharmazeutische Fabrik Montavit Gesellschaft m.b.H." aus Tirol mit vorläufigen Passiva von rund 45 Millionen Euro. Diese Insolvenz ist auch der Grund dafür, warum in Tirol die Passiva gegenüber den ersten drei Monaten des Vorjahres um mehr als 360 Prozent gestiegen sind.

Insolvenztreiber: Bauwirtschaft, Handel, Tourismus/Gastronomie
Wie im Vorjahr sind auch im ersten Quartal 2023 die Bauwirtschaft (274 Fälle), der "Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen" (217) und Tourismus/Gastronomie (181) jene Bereiche, in denen sich die meisten Insolvenzen ereignet haben. "Hohe Kosten und fehlendes Personal bilden jenen gefährlichen Mix, der für viele Betriebe über einen längeren Zeitraum nicht zu stemmen ist. Für sie bildet die Insolvenzanmeldung den einzigen Ausweg", so Götze. Dieser Schritt erfolgt häufig jedoch zu spät. Es ist daher wenig überraschend, dass auch bei den Nichteröffnungen der Handel (69 Fälle), die Bauwirtschaft (68) und der Bereich Tourismus/Gastronomie (59), neben dem Gesundheits- und Sozialwesen (89 Fälle), die meisten Fälle aufweisen. (gp)