Wirtschaftskammerwahl: So haben die Finanzgewerbe abgestimmt
Mit einem kräftigen Rückgang bei der Wahlbeteiligung endeten die Wirtschaftskammerwahlen 2025. Der Wirtschaftsbund (ÖWB) dominiert weiter, aber mit Verlusten.
Der schwarze ÖWB bleibt weiter die größte Fraktion in der österreichischen Wirtschaftskammer (WKO), wenn auch mit Verlusten. 61,3 Prozent der Stimmen konnte der Wirtschaftsbund auf sich vereinen. Das bedeutet ein Minus von 7,9 Prozent gegenüber der Wahl 2020, wie die Kammer am Freitagabend (14.3.) nach der Stimmauszählung mitteilte.
An die zweite Stelle schob sich die Freiheitliche Wirtschaft (FW) mit 13,6 Prozent der Stimmen. Das bedeutet ein Plus von 7,3 Prozent. Das Bild fügt sich in den allgemeinen Zustimmungstrend in Österreich, der hohe Werte für die Blauen zeigt.
UNOS legen zu
Neben der FW haben als größere Einzelfraktion nur noch die UNOS (NEOS) dazugewonnen, nämlich um 2,6 Prozent auf nun 5,3 Prozent. Ihnen hilft die öffentliche Aufmerksamkeit; die NEOS sind erstmals an einer Bundesregierung beteiligt.
Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) kommt auf nur noch 9,7 Prozent, die Grüne Wirtschaft (GW) auf 8,4 Prozent. Das ist in beiden Fällen ein Minus von 1,1 Prozent. Bei der Fachliste der gewerblichen Wirtschaft Österreich (FGWÖ) ging es um 0,1 Prozent auf 0,4 Prozent bergab. Sonstige Fraktionen: 1,3 Prozent (plus 0,2 Prozent gegenüber 2020).
Tiefe Wahlbeteiligung
Auffallend war die tiefe Wahlbeteiligung von 26,5 Prozent. Gegenüber den Wahlen 2020 bedeutet das ein Minus von 7,2 Prozentpunkten. 2010 waren noch gut 41 Prozent der Berechtigten zur Wahl gegangen. Seitdem verstärkt sich der Rückgang jedes Mal mehr. 2020 hatte das Minus bei gut fünf Prozent gelegen. Die Wirtschaftskammer sah auf Anfrage der Redaktion keinen Grund für Veränderungen. Viele Mitglieder seien wohl schlicht zufrieden mit der Arbeit ihrer Vertreter und sehen daher keinen Anlass, wählen zu gehen, hieß es. Zudem gebe es mehr Migranten und kleinere Unternehmen, die die Kammer weniger kennen.
Maßnahmen für eine Erhöhung der Wahlbeteiligung forderte Eric Samuiloff, Fachgruppenobmann der Wiener Finanzdienstleister. Der Rückgang in der Wahlbeteiligung – nicht nur bei den Wirtschaftskammerwahlen – müsse gestoppt werden, so Samuiloff gegenüber der Redaktion. Es gelte, "einen noch intensiveren Aufruf zur Inanspruchnahme des Wahlrechtes im Sinne der Demokratie zu starten".
Reformen gefordert
Bereits im Vorfeld der Wahlen waren – wie jedes Mal – Rufe nach einer Wahlrechtsreform laut geworden. Kleinere oder neue Fraktionen, die etwas bewirken wollen, haben es in dem System, das große Fraktionen begünstigt, schwer. Grüne und NEOS fordern seit Langem einen demokratischeren Modus. Auch SWV-Präsident Christoph Matznetter sprach sich direkt nach der Wahl für Änderungen aus. Man brauche "eine Wirtschaftskammer, die für alle da ist, nicht nur für eine kleine, gut vernetzte Gruppe", so Matznetter.
Er kritisiert zum Beispiel die Gemeinschaftslistenbildung – eine Praxis, an der der SWV wohlgemerkt selbst beteiligt ist: Der große ÖWB bildet in sehr vielen Fachgruppen gemeinsam mit dem SWV und/oder anderen Fraktionen eine Sammelliste. Wer hier einen SWV-Vertreter wählt, der stimmt am Ende für den WB, denn ihm werden im Endergebnis alle Stimmen für die Gemeinschaftsliste zugerechnet. Ohne diese Sammellisten wäre die Dominanz des WB weniger groß und das Wahlergebnis für den SWV besser, so Matznetter.
Urwahl
Abgegeben wurden die Stimmen in der sogenannten Urwahl: Die Mitglieder der neun Wirtschaftskammern in Österreich wählen dabei direkt ihre Fachvertreter im Bundesland beziehungsweise wer die jeweiligen Mandate in den Fachgruppenausschüssen erhält. Alle weiteren Besetzungen (Fachverbände österreichweit, Spartenvertreter, Wirtschaftsparlamente) werden indirekt hinter den Kulissen ausverhandelt.
Einen Ausschnitt zeigen die Grafiken oben: Wie die Finanzdienstleister, die Versicherungsmakler und die Versicherungsagenten in der Bundeshauptstadt Wien abstimmten, sehen Sie, wenn Sie weiterklicken. (eml)