Capinside, ein im Sommer gestartetes Finanzportal, wendet sich mit seinem neuen Angebot "Value Search" ab sofort auch an Privatanleger. Die Hamburger Plattform bezeichnet sich als "die erste unabhängige Online-Community von Investoren für Investoren". Ihr hehres Ziel laut Website: "Wir wollen Mündigkeit für alle Anleger erreichen – durch Transparenz und ehrliche Analysen."

Das Fintech möchte Finanzberater allerdings nicht überflüssig machen, sondern ihnen vielmehr neue Kunden zuführen, betont Vorstandschef Philipp Schröder im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE. Schröder kann zumindest bislang zwar nicht mit besonderem Knowhow im Finanzvertrieb punkten, dafür hat er aber gelernt, was im Silicon Valley mit dem Modewort Disruption umschrieben wird: Der Mittdreißiger hat vor einigen Jahren für Elon Musk das Deutschland- und Österreichgeschäft von Tesla aufgebaut, und bis August dieses Jahres war er Geschäftsführer des Energiespeicheranbieters Sonnen, der seine Kunde unabhängig von den großen Stromkonzernen machen möchte.

Capinside ist vor einigen Monaten aus der Hamburger Gesellschaft Salesheads heraus entstanden. Dieses 2014 gegründete Unternehmen übernahm einst den Vertrieb für kleinere Asset Manager, gab dieses Geschäftsmodell mittlerweile aber auf. Salesheads-Gründer Achim Denkel ist neben Schröder zweiter Vorstand von Capinside. Der ehemalige Salesheads-Vorstand Victor Reincke hat das Unternehmen verlassen. Schröder kam im vergangenen Jahr zunächst in den Aufsichtsrat der Gesellschaft, später übernahm er Anteile und schließlich den Vorstandsvorsitz.

6.000 registrierte Benutzer
Bislang richtet sich Capinside in erster Linie an Finanzberater und professionelle Investoren. Ihnen bietet das Portal vor allem zwei Funktionen: Einerseits sammelt es Nachrichten aus der Investmentwelt. "Ein Bot, den wir seit Juni trainieren, durchsucht dafür permanent relevante Internetseiten, darunter FONDS professionell ONLINE", erläutert Schröder. "Jeder User kann die Inhalte nach seinen Interessen filtern lassen und erhält dann ein kostenloses Media-Clipping."

Andererseits möchte Capinside mit Produktvergleichen punkten. Basierend auf Daten von FWW und Morningstar sehen Investoren, wie ihre Fonds mit Blick auf verschiedene Kennzahlen relativ zu Wettbewerbsprodukten abschneiden. Auch Details wie die Branchenaufteilung, die Top-Holdings oder die Mifid-II-relevanten Daten eines Fonds sind abrufbar. Berater können zudem Portfolios anlegen und nach verschiedenen Aspekten optimieren lassen. Hinterlegt sind die Daten von rund 35.000 Fonds und anderen liquiden Finanzprodukten.

Das Angebot kommt offensichtlich an. Schröder zufolge verzeichnete das Portal im November 422.000 sogenannte Web-Sessions, also "Sitzungen", bei denen Nutzer auf der Website unterwegs waren, Nachrichten und Videos konsumierten oder den Produktvergleich nutzten. Etwa 6.000 Anlageberater und andere Finanzprofis, etwa aus Family Offices, haben sich Schröder zufolge bereits für das Portal registriert. "Aktuell sind viele Bereiche der Website aber auch ohne Anmeldung zugänglich, denn anfangs möchten wir möglichst rasch die Reichweite steigern", betont er.

"Sparer zu Anlegern entwickeln"
Nun geht Capinside den nächsten Schritt. "Während wir bislang vor allem die B2B-Zielgruppe angesprochen haben, starten wir mit 'Value Search' nun ein Angebot, das sich explizit an Privatanleger richtet", sagt Schröder. Auch sie können ihre Fonds mit Wettbewerbsprodukten vergleichen. Der Fokus soll in diesem Bereich jedoch zunächst auf der Vermittlung grundlegender Informationen rund um die Geldanlage liegen. Dabei setzt das Portal vor allem auf kurze Videos. "Wir sprechen auch Kunden an, die bislang noch nichts mit Fonds zu tun hatten", so Schröder. "Wir klären sie auf und helfen so dabei, sie vom Sparer zum Anleger zu entwickeln."

Wer schon ein Depot hat, kann sein Portfolio per Screenshot in "Value Search" hochladen und dort analysieren und optimieren lassen, beispielsweise nach Performance- oder Volatilitätskennzahlen. Auch eine klassische Markowitz-Gewichtung ist möglich. Wer möchte, kann diverse Filter aktivieren, um sein Geld möglichst nachhaltig zu investieren.

Kooperation mit der Fidelity-Fondsbank FFB
In einem weiteren Schritt kann der Anleger auf "Ordern" drücken. Dann wird er künftig zur Fidelity-Fondsbank FFB weitergeleitet. Dieses Institut übernimmt die nötigen Schritte bis zur Depoteröffnung. Dort kann der Kunde sein virtuelles "Value Search"-Portfolio dann real eröffnen – im sogenannten "Execution Only"-Modell, also ohne vorherige Anlageberatung. "Wir nehmen bewusst keine Anlageberatung vor", sagt Schröder. "Unser Ziel ist es, den Kunden so gut vorzubereiten, dass er sich sicher genug fühlt, das Thema Geldanlage ohne aufwendigen Mifid-II-konformen Beratungsprozess anzugehen. So möchten wir dabei helfen, den Markt der Anleger insgesamt zu vergrößern."

Doch das Angebot richte sich nicht ausschließlich an Selbstentscheider, betont Schröder. "Retailkunden ohne die nötige Erfahrung empfehlen wir, sich mit ihrem Portfolio an einen Finanzberater zu wenden, und können über unsere Plattform den Kontakt herstellen." Weil sowohl Endkunde als auch Berater Teil des geschlossenen Netzwerkes seien, könne Capinside seine Daten auf Wunsch weitergeben. Schröder: "Der Berater erhält dann einen qualifizierten Lead samt der kompletten Portfolioanalyse und allen Informationen zum Fonds – Media-Clipping inklusive."

"Es geht darum, die Kosten der Kundengewinnung deutlich zu senken"
Schröder räumt ein, dass es die meisten der genannten Funktionalitäten bereits auf anderen Internetseiten gibt. "Unser Anspruch ist es aber, eine umfassende, kostenlose und unabhängige Plattform zu schaffen, auf der alle Informationen und Tools gebündelt zu finden sind", betont er. "Ich wollte selbst Geld anlegen und fand keine Internetseite, auf der ich diesen Überblick bekommen konnte. Das geht vielen potenziellen Anlegern so. Sie bleiben unmündig zurück und sind quasi gezwungen, doch wieder zum Bankberater zu gehen, der ihnen nur die hauseigenen Produkte anbietet. Für dieses Problem wollten wir eine Lösung schaffen – so entstand die Idee, Capinside zu gründen."

Der eigene Anspruch sei es, eine Plattform für die DACH-Region aufzubauen, auf der schnell und einfach alle relevanten Informationen zu finden sind, um Anlegern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eine mündige und letztlich bessere Investmententscheidung zu ermöglichen. "Unser Ziel ist es nicht, den Finanzberater abzuschaffen", betont Schröder. "Es geht vielmehr darum, die Kosten der Kundengewinnung deutlich zu senken. Gute Berater und gute Asset Manager sollen von unserem Angebot profitieren." Seine Prognose: "Zu kämpfen haben nur Marktteilnehmer, die eine schlechte Qualität zu einem überhöhten Preis offerieren."

Drei potenzielle Erlösquellen
Bleibt die Frage, wie das Unternehmen mit diesem für den Nutzer bislang kostenlosen Angebot Geld verdienen möchte. Schröder nennt drei potenzielle Erlösquellen. Zum einen können sich Fondsanbieter und andere Branchenteilnehmer gegen Gebühr mit Videos auf der Plattform präsentieren. "Wir möchten bewusst keine Bannerwerbung oder andere Anzeigen schalten", sagt Schröder. "Doch wir wollen den Asset Managern die Möglichkeit geben, ihre Inhalte für Privatanleger auf unserer Plattform zu transportieren." Erste Verträge, unter anderem mit der Commerzbank, hat Capinside schon geschlossen. Aus derartigen Kooperationen erwartet Schröder für dieses Jahr bereits rund zwei Millionen Euro Umsatz.

Eine weitere Erlösquelle können automatisierte Analysen für Asset Manager sein. "Wir sehen beispielsweise, welche Fonds wie miteinander verglichen werden. Solche Informationen können für die Produktentwicklung einer Investmentgesellschaft sehr interessant sein", berichtet Schröder. Möglich sei drittens eine monatliche Gebühr, die User entrichten, um Premium-Funktionen nutzen zu können.

Illustre Geldgeber
Anfangs lebt das Start-up, das mittlerweile 40 Mitarbeiter beschäftigt, von der Anschubfinanzierung diverser Geldgeber. Den beiden Unternehmensgründern Schröder und Denkel gehören eigenen Angaben zufolge drei Viertel der Anteile. Beteiligt haben sich außerdem unter anderem Andreas Kupke, einer der Gründer des Kreditvermittlers Finanzcheck.de, und Tom Pütter, der frühere Chef des Beteiligungsunternehmens Allianz Capital Partners. (bm)