Mit massiven Vorwürfen ist der österreichisch-liechtensteinische Investmentkomplex Green Finance konfrontiert. Wie die Gruppe in Nachträgen zu diversen Kapitalmarktprospekten mitteilt, hat ein ehemaliger Geschäftspartner der Gruppe Selbstanzeige erstattet. Er erhebt gleichzeitig schwere Anschuldigungen gegen Geschäftsführer und Mitgründer Christian Schauer. Dieser weist die Vorwürfe strikt zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Ex-Geschäftspartner der Vertriebseinheit "Green Finance Broker AG" hat die Behörden im Rahmen seiner Selbstanzeige über "eine Reihe von Straftaten" informiert. Es gehe um schweren Betrug, von dem die Emissionsgesellschaft "Green Finance Capital AG" (Vaduz) und der ebenfalls zur Gruppe gehörende Immobilienzweig "Immowerte GmbH" mit Sitz in Linz profitiert haben sollen, wie Green Finance in den Prospektnachträgen mitteilt. Wobei unklar ist, inwieweit die Anleger davon wissen. Denn die mit 27. Jänner datierten Nachträge geistern vorerst in den Registern der EU-Marktaufsicht ESMA herum, waren jedoch zumindest am Mittwochvormittag (29.1.) noch nicht in der entsprechenden Rubrik der Unternehmens-Homepage zu sehen. Laut den Unterlagen behauptet der ehemalige Geschäftspartner, dass "Christian Schauer von seinen mutmaßlichen betrügerischen Aktivitäten während der aktiven Geschäftsbeziehung gewusst hätte".

WKStA: Hausdurchsuchungen, bis zu 15 Millionen Euro Schaden vermutet
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien bestätigte gegenüber der Redaktion, dass Ermittlungen gegen drei Personen und drei Unternehmen wegen schweren Betrugs laufen. Es gab Hausdurchsuchungen an drei Standorten. Dabei sei Material beschlagnahmt worden, das nun ausgewertet werde. Vermutet wird demnach momentan ein Schaden von bis zu 15 Millionen Euro. Die Behörden in Liechtenstein haben auf eine Anfrage noch nicht geantwortet.

Green Finance, Immowerte GmbH und Schauer weisen die Vorwürfe "entschieden zurück und verpflichten sich zu einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts", wie es heißt. Man werde bis zum Abschluss der Ermittlungen mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.

Verschiedene Marktteilnehmer betrachten die Gruppe seit Jahren kritisch (die Redaktion berichtete mehrfach). Zu den Fragen gehört aus Anlegersicht jedenfalls jene nach der Werthaltigkeit der Investmentprodukte. Die Green Finance Capital AG – sie agiert als Emissionsarm der Gruppe – sammelte in den vergangenen Jahren laufend hohe Millionenbeträge hauptsächlich über nachrangige, aber auch über nicht nachrangige Schuldverschreibungen ein. Zweck der Gesellschaft ist es, das eingenommene Anlegergeld in Form von Darlehen an die Green-Finance-Töchter weiterzureichen. Derer gibt es viele: Zum Unternehmensumfang gehören neben der erwähnten Immobiliengesellschaft Immowerte GmbH auch Finanzdienstleistungen, Prozesskostenfinanzierung (der Prozessfinanzierer LVA24 ist Teil der Gruppe), Versicherungsvermittlung, Vermietung, Handel mit Waren aller Art und die Vermittlung von Photovoltaikanlagen und von Verträgen im Zusammenhang mit "Photovoltaic Contracting" (Kunden stellen Dachflächen für PV-Anlagen zur Verfügung).

Anleger, die in die Schuldverschreibungen investieren, leihen das Geld nicht diesen individuellen Gruppenprojekten, sondern eben der Capital AG. Von außen ist schwer nachvollziehbar, was genau mit dem Kapital im Einzelfall passiert oder ob die damit unterstützten Gesellschaften in ihrer Gesamtheit performen. Dementsprechend müssen sich Anleger über die Rückzahlungsfähigkeit Gedanken machen. Die Green Finance Capital AG ist extrem verschuldet (die Redaktion berichtete). Sie ist davon abhängig, dass jede der Gruppengesellschaften ihre Darlehen laufend zurückzahlt. Markterschütterungen oder Probleme bei einzelnen Green-Finance-Unternehmen können sofort die Rückzahlungsfähigkeit der Capital AG gefährden. Davor warnt das Unternehmen selbst in seinen Kapitalmarktprospekten. 

Kooperation mit Behörden
Schauer, für den genauso wie für die genannten Unternehmen die Unschuldsvermutung gilt, werde für die Dauer der laufenden Ermittlungsverfahren aus allen seinen Funktionen in den Gruppenunternehmen zurücktreten und die Stimmrechte in Bezug auf seine Aktien der Green Finance Group AG vorerst nicht ausüben, wie es heißt. Er hatte Führungspositionen in fast allen Gruppen-Einheiten inne. Es müssen demnach Positionen sowohl in der Capital AG und in der Immowerte GmbH besetzt werden als auch in anderen Gesellschaften wie bei den Green Business Center GmbHs in Wien, Linz und Graz, der Zenith GmbH, der Green Assets AT GmbH, der Green Castle Hantberg GmbH oder der Green Hotel Römerstein GmbH. (eml)