Österreichs Finanzbranche macht Rückzieher bei Blockchain
Versicherungen sind aus der Blockchain-Nutzung ausgestiegen, die Kapitalanlagegesellschaften haben sämtliche Pläne begraben. Jene Finanzbetriebe, die dezentrale digitale Lösungen einsetzen, kann man hierzulande an einer Hand abzählen.
Vor rund sieben, acht Jahren schlug die Verbreitung der Blockchain-Idee beziehungsweise der dahinterstehenden Distributed-Ledger-Technologie (DLT) groß am österreichischen Finanzmarkt ein. Jede der großen Banken trat einem internationalen Blockchain-Konsortium bei, um die möglichen Chancen auszuloten. Wie nun ein Bericht der Finanzmarktaufsicht (FMA) zeigt, sind viele der einst angestoßenen Projekte nicht über das Versuchsstadium hinausgekommen.
"Blockchain-Technologie wird immer noch kaum genutzt. Entgegen manchen Ausbauplänen im Jahr 2021 ist die Nutzung mangels konkreter Anwendungsfälle sogar noch zurückgegangen", schreiben die Aufseher in ihrem Report unter dem Titel "Austrian Digital Finance Landscape 2024". De facto ist die Blockchain damit weitgehend eine Anwendung, die im Zusammenhang mit Kryptowährungsdiensten genutzt wird, aber nicht im historisch gewachsenen Finanzsystem.
Nur vier DLT-Anwender
In Österreich nutzen demnach nur vier Unternehmen DLT-Anwendungen, drei Banken und eine Wertpapierfirma. Meist setzen sie diese Lösungen bei der Reconciliation (Datenabgleich), der Prozess-Dokumentation und im Security-Token-Marktplatz ein. Aus der Nutzung ausgestiegen sind die Versicherungen. Und die Kapitalanlagegesellschaften haben sogar sämtliche theoretischen Vorhaben begraben. Zahlungsinstitute (ZI) und Kreditinstitute (KI) wälzen aber immerhin Ausbaupläne, wie die Grafik zeigt.
Quelle: FMA, Austrian Digital Finance Landscape 2024
Die Gründe für die Zurückhaltung dürften laut dem Bericht in den noch nicht ausgeräumten Risiken liegen. Dazu zählen rechtliche Unsicherheiten, weil die Technologie insgesamt noch immer als schlecht verstanden gilt. Im Raum stehen Bedenken zu Cyberrisiken durch Angriffe auf die Blockchain oder Datenschutzfragen zu den dezentral gespeicherten und für die anderen Nutzer einsehbaren Informationen. Ebenso verhindert die dezentrale Struktur eine zentrale Kontrolle.
Kern von DLT-Anwendungen wie der Blockchain ist eine dezentrale Systematik: Die an einem Netzwerk beteiligten Nutzer übernehmen selbst die Bestätigung und Speicherung von Transaktionen. Weil damit eine Einbindung von Intermediären oder ein Warten auf zentrale Validierung hinfällig wird, kann sich zum Beispiel im Vergleich zu "herkömmlichen" Bankprozessen sowohl eine Kosten- als auch eine Zeitreduktion ergeben. Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum sind Beispiele für Produkte auf Blockchain-Basis. Es lassen sich damit aber auch Standardprozesse wie Wertpapiertransaktionen von Tagen auf Sekunden verkürzen. (eml)