Seit vielen Jahren reist Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege bei Shareholder Value Management, zur Jahreshauptversammlung (HV) von Berkshire Hathaway nach Omaha. Dieses Jahr war bereits die Vorspannung besonders hoch. Würde sich Warren Buffett zur Zollpolitik der Trump-Regierung äußern? Und würde er etwas dazu sagen, wann er sich mit inzwischen 94 Jahren von der Spitze des Unternehmens zurückziehen möchte? Am Ende lieferte er beides. FONDS professionell ONLINE hat Böhmer nach seinen Eindrücken befragt.


Herr Böhmer, wie war die Stimmung in Omaha? Immerhin ging es an der Börse seit Trumps "Liberation Day" sehr turbulent zu.

Heiko Böhmer: Die Stimmung bei den Teilnehmern war wirklich gut. Am Freitag gab es beim Verkauf der Berkshire-Hathaway-Fanprodukte einen neuen Rekordumsatz. Zum Thema Zölle war Buffett kurz und prägnant: "Handel sollte nicht als Waffe eingesetzt werden." Zudem war als weiteres Signal Hillary Clinton erstmals als Gast auf der Hauptversammlung – also eine Demokratin.

Welche Themen standen bei der Berkshire-Hathaway-HV dieses Jahr im Fokus, sowohl im offiziellen Teil als auch bei den Gesprächen zwischen den Aktionären?

Böhmer: Bei den Fragerunde in der Arena waren viele junge Leute aktiv, die traditionell Buffett nach Ratschlägen für ein erfolgreiches Leben fragen. Sein kurzer Tipp: "Umgib dich mit smarten Menschen, dann wirst Du auch smarter." Zusätzlich ging es bei etlichen Fragen rund um das Thema Energie – als Herausforderung beispielsweise für den Versorger Berkshire Hathaway Energy und als Chance für neue Investments, denn der Energiebedarf wird weiter massiv steigen und so werden viele Chancen entstehen. 

Warren Buffett hatte zuletzt den Cash-Bestand massiv erhöht und so die erste Korrektur an der US-Börse gut gemeistert. Trauen Sie ihm das auch weiterhin zu?

Böhmer: Konkrete Trades erklärt Buffett nicht auf der Hauptversammlung. Aber zum Cash-Bestand sagte er, dass Berkshire bereit sei, neue große Chancen zu nutzen. Allerdings tauchen die aktuell nicht auf, weil die Bewertungen sehr hoch sind. Geduld ist damit wieder gefragt – und eine gute Vorbereitung, denn dann kann man schnell investieren, wenn die richtigen Chancen kommen. 

Die wichtigste Nachricht war natürlich sein angekündigter Rückzug zum Jahresende. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Berkshire-Aktie auch nach Warren Buffett ein Kauf bleibt?

Böhmer: Die Ankündigung des Rückzugs von Buffett war ganz am Ende natürlich die größte Überraschung. Bei näherer Betrachtung ist das aber ein perfekter Abgang, denn Buffett wählte das Jubiläum mit 60 Jahren an der Spitze von Berkshire Hathaway gut aus. Und mit Greg Abel übernimmt jetzt ein bekanntes Gesicht. Er ist schon 25 Jahre im Unternehmen, ist Vorstandschef von Berkshire Hathaway Energy und sitzt seit 2018 auch im Vorstand der Holding. Aber natürlich endet jetzt eine einmalige Ära und es wird spannend für die Hauptversammlung 2026. Für mich ist klar: Ich werde auch dann wieder vor Ort sein. 

Vielen Dank für das Gespräch. (jh)