Internetmilliardär torpediert Übernahme der strauchelnden GAM
Eine Aktionärsgruppe um den französischen Milliardär Xavier Niel sieht das Übernahmeangebot von Liontrust für GAM als zu niedrig an. Zudem bieten die Briten nur eigene Aktien und unterbreiten kein Barangebot. Obendrein verärgert eine Ausnahmegenehmigung die Anteilseigner.
Eine Aktionärsgruppe, die Anteile am Schweizer Fondshaus GAM hält, sieht das Übernahmeangebot durch das britische Investmenthaus Liontrust skeptisch. Die Gruppe namens "NewGAMe" rund um den französischen Internet- und Telekommilliardär Xavier Niel sowie den Genfer Vermögensverwalter Bruellan hält eigenen Angaben zufolge nunmehr 8,3 Prozent der Aktien des ins Schlingern geratenen Schweizer Asset Managers. Die Gruppe erwäge, das derzeitige Angebot von Liontrost nicht anzunehmen.
Liontrust hat gestern (4.5.) eine Kaufofferte vorgelegt. Die Briten setzten dabei ihre eigenen Aktien ein und bieten 0,0589 Titel für jede GAM-Aktie. Dies würde die Papiere der Schweizer mit 0,67 Franken bewerten. Demnach umfasst der Deal ein Volumen von 107 Millionen Schweizer Franken (rund 109 Millionen Euro). Vor Bekanntgabe des Angebots hatte die GAM-Aktie bei rund 0,80 Franken notiert. Der Kurs sackte im Laufe des Handelstages auf 0,60 Franken ab.
Barangebot bevorzugt
Die Investorengruppe sei der Ansicht, dass das Liontrust-Angebot GAM zu niedrig bewerte und "nicht die signifikanten Vorteile widerspiegelt, die ein erfolgreicher Turnaround für GAMs Aktionäre bringen könnte". Zudem biete Liontrust nur seine eigenen Aktien an und unterbreite kein Barangebot. "Dies führt dazu, dass die GAM-Aktionäre den Wertschwankungen der Liontrust-Aktien ausgesetzt sind", heißt es in der Mitteilung weiter. "Sie erhalten damit keinen festen Preis für ein Unternehmen, das einen erheblichen inneren Wert aufweist", monieren die Aktionäre.
GAM ringt seit Jahren mit Mittelabzügen. Hintergrund ist unter anderem eine Affäre um einen ehemaligen Fondsmanager, der gegen Richtlinien verstoßen haben soll. Den gestern ebenfalls vorgelegten, endgültigen Jahreszahlen zufolge fuhr das Haus 2022 einen Nettoverlust gemäß IFRS in Höhe von 290 Millionen Franken ein. Im Vorjahr waren es 23,3 Millionen Franken gewesen. Obendrein schwindet die Nettoliquidität. Sie verringerte sich um 41 Prozent auf 138 Millionen Franken. Liontrust bietet daher auch zwei Kreditlinien an.
Übernahmekommission gewährt Ausnahmen
"NewGAMe" stößt zudem eine Entscheidung der Schweizer Übernahmekommission übel auf. Diese gewähre Liontrust eine Ausnahme von der Verpflichtung für ein Barangebot. Zudem werde es den Briten ermöglicht, den Deal davon abhängig zu machen, dass GAM den Bereich Fund Management Services in der Schweiz und Luxemburg losschlagen kann. Diese Sparte bietet Fondsdienstleistungen für externe Manager an – und fuhr zuletzt den Großteil der Nettomittelabzüge ein. Die GAM-Aktionärsgruppe erwäge rechtliche Schritte gegen die Entscheidung der Übernahmekommission. (ert)