H2O ficht Millionenstrafe wegen Windhorst-Investments an
Die französische Finanzaufsicht hat eine Gesamtstrafe in Höhe von mehr als 90 Millionen Euro gegen H2O sowie die Gründer Crastes und Chailley verhängt. Die Behörde sieht Verfehlungen im Zusammenhang mit den Windhorst-Investments von H2O-Fonds. Das Investmenthaus geht gegen das Urteil vor.
Die Investmentboutique H2O will gegen die von der französischen Finanzaufsicht Autorité des Marchés Financiers (AMF) gegen das Haus und die beiden Gründer Bruno Crastes und Vincent Chailley verhängte, millionenschwere Strafe vorgehen. "Nach einer eingehenden Analyse des Urteils mit seinen Anwälten ficht H2O Asset Management die Entscheidung der AMF energisch an, da die Sanktion unverhältnismäßig ist", teilte die Gesellschaft mit. Das Haus will daher vor den Staatsrat (Conseil d’État) ziehen, eine Instanz des französischen Justizsystems.
Ein Gremium der Finanzaufsicht hatte das Unternehmen H2O zu 75 Millionen Euro, Crastes zu 15 Millionen Euro und fünf Jahren Berufsverbot sowie Chailley zu drei Millionen Euro Strafe verurteilt. Die Bußen stehen im Zusammenhang mit den massiven Investments von H2O-Fonds in weitgehend illiquide Wertpapiere, die den Unternehmen der Tennor-Gruppe des deutschen Financiers Lars Windhorst zuzurechnen sind. Die Behörde sieht es als erwiesen an, dass das Haus und die Manager "in mehreren Punkten gegen ihre Pflichten" verstoßen hätten.
Neuen Chef berufen
Bis über den Widerspruch entschieden ist, übernimmt der bisherige Co-Leiter Loïc Guilloux von Crastes den Chefposten – "vorübergehend", wie H2O betonte. Das Steuer bei den von Crastes gesteuerten UCITS-Vehikeln geht an das Duo Thomas Delabre und Philippine Watteaux. Crastes bleibe als "Group Corporate & Market Strategy Director" im Unternehmen. Die AMF hatte Crastes verboten, für fünf Jahre als Geschäftsführer oder Portfoliomanager, direkt oder indirekt, einer Investmentgesellschaft, Kapitalanlagegesellschaft oder Verwaltungsgesellschaft zu arbeiten.
Konkret sieht die AMF Crastes & Co darin schuldig, Windhorst-Anleihen gekauft zu haben, obwohl in den Anlagerichtlinien der Fonds Investments in Anleihen ohne Ratings ausgeschlossen waren. Zudem habe H2O die Liquidität der Papiere nicht genug berücksichtigt und über keine ausreichenden Informationen für eine korrekte Bewertung verfügt. Und das Haus habe Grenzen für Positionsgrößen überschritten, auch im Zuge einer später getroffenen Rückkaufvereinbarung mit Windhorsts Tennor-Holding.
"Schwerwiegende Natur des Falles"
H2O tituliert die Strafen als "unverhältnismäßig und völlig beispiellos". Das Haus bestreitet weitgehend das Urteil der AMF. So sei unter anderem die Liquidität der Papiere zu einem späteren Zeitpunkt, nicht aber zum Zeitpunkt des Kaufs betrachtet worden. Lediglich das Überschreiten von Investmentgrenzen räumt das Haus ein. Zudem seien keine vorsätzlichen Fehler begangen worden, Crastes und Chailley treffe keine persönliche Schuld.
Das Gremium der AMF wiederum kam zu dem Schluss, dass die "Verfehlungen den Herren Crastes und Chailley zuzurechnen" seien. Das Urteil sei "in Anbetracht der schwerwiegenden Natur des Falles, der Beteiligung der Führungsebene daran und des Schadens, der insbesondere durch das Einfrieren des Vermögens den Anlegern entstanden ist", gefällt worden, so die AMF.
Entschädigung gefordert
Der Investmentgesellschaft drohen noch weitere Gerichtsverfahren. So kündigte die "Association Collectif Porteurs H2O" eine Entschädigungsklage an. In der Gruppe haben sich H2O-Anleger zusammengeschlossen, die zunächst die Hintergründe des Falls beleuchten wollten. Die Initiative erwirkte, dass ein vom Gericht bestellter, unabhängiger Gutachter die Abläufe prüft. Dazu erhielt er Einsicht in Unterlagen von H2O. Der Gutachter soll noch im Januar 2023 seine Ergebnisse vorlegen. Die Gruppe will dann vor Gericht ziehen.
Die Gruppe erwägt neben einer Klage gegen das Unternehmen H2O auch Schritte gegen Wirtschaftsprüfer, Verwahrstelle sowie den früheren H2O-Mehrheitseigner, die französische Bank Natixis. Das Institut hatte die Investments der Boutique stets verteidigt. Später teilte die Bank mit, das Risikomanagement und die Compliance-Überwachung zu verbessern. Das Geldhaus respektive dessen Mutterkonzern BPCE hatten Ende 2020 angekündigt, die Beteiligung an dem Asset Manager zu verkaufen. (ert)