Franklin Templetons ETF-Chef: "Einem ETF wohnt keine Magie inne"
Der Fondsanbieter mit Sitz in Kalifornien will sein ETF-Geschäft in Europa deutlich ausbauen. Das Haus setzt dabei auch auf börsengehandelte Fonds mit aktivem Management, berichtet Spartenleiter Patrick O'Connor. Doch er warnt zugleich vor überzogenen Erwartungen an das Vehikel.
Das Wachstum von börsengehandelten Fonds mit aktivem Ansatz wird in Europa deutlich zunehmen. Dies sagte Patrick O'Connor, Leiter des weltweiten ETF-Geschäfts von Franklin Templeton, im Gespräch mit FONDS professionell. "Das aktive Management bei ETFs kommt hier in Europa erst richtig in Schwung", meint O'Connor. Der Großteil des in ETFs verwalteten Vermögens liege zwar immer noch in passiven Strategien. "Aber das Wachstum der aktiven ETFs nimmt zu. Daran wollen wir teilhaben", sagt der Manager.
Aktive ETFs bilden nicht einfach nur die Entwicklung eines Börsenbarometers ab, sondern ihr Portfolio wird über Management-Entscheidungen zusammengestellt. In den USA verzeichnet dieser Typ des börsengehandelten Fonds bereits reges Interesse. Knapp 130 Milliarden US-Dollar flossen in das Segment, was fast 22 Prozent des ETF-Nettomittelaufkommens entspricht, zeigen Daten der Ratinggesellschaft Morningstar. Fast drei Viertel der 2023 in den USA neu aufgelegten börsengehandelten Fonds verfolgen eine aktive Anlagestrategie.
Nicht einfach in ETF-Mantel stecken
Europa hinkt bei aktiven ETFs dem amerikanischen Markt noch deutlich hinterher. Nicht einmal zwei Prozent des in ETFs verwalteten Vermögens liegen in aktiven Strategien. 2023 entfielen drei Prozent der Nettomittelzuflüsse auf aktive ETFs. "Aktive Manager fühlen sich zunehmend mit ETFs und deren Vorteilen wohl", begründet O'Connor das aufkeimende Interesse. "Die Kostenstruktur, die Transparenz und die Handelbarkeit sind Aspekte, die auch die Kunden schätzen."
In den USA würden branchenweit viele herkömmliche Fonds in den ETF-Mantel überführt, berichtet O'Connor. Er warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen. "Einem ETF wohnt keine Magie inne", formuliert es der Marktkenner. "Einen nur leidlich gut funktionierenden Publikumsfonds zu nehmen und einfach in den ETF-Mantel zu stecken, macht ihn nicht besser." Auch Franklin Templeton habe schon Fonds in ETFs umgewidmet, wäge dies aber sehr genau ab.
Keine Kannibalisierungseffekte
Befürchtungen, dass aktive ETFs herkömmliche Publikumsfonds verdrängen, weist O'Connor zurück. "Wir erkennen keine Kannibalisierungseffekte zwischen Publikumsfonds und aktiven ETFs", meint der Franklin-Templeton-Manager, der beim Branchenprimus Blackrock die ETF-Sparte iShares mit aufbaute. "In den USA sinken die Fondsgebühren stark", erläutert O'Connor. "Dadurch erhalten Anleger aktives Management praktisch zum Preis eines ETFs." Die Frage, ob Kunden einen herkömmlichen Fonds oder einen ETF wählen, entscheide sich nicht mehr alleine über den Preis.
Warum der Branchenprimus Blackrock mit seiner Marke iShares das Feld der aktiven ETFs betritt, welches Potenzial andere Anbieter dort sehen und warum der Trend in Europa erst noch am Anfang steht, lesen Sie in der neuen Ausgabe 2/2024 von FONDS professionell, die in den nächsten Tagen zugestellt wird.
Mitunter biete auch sein Haus sowohl einen aktiven Publikumsfonds als auch einen aktiven ETF mit durchaus ähnlicher Strategie. "Selbst wenn ein Anleger von einem Fonds in einen aktiven ETF wechselt, ist der Einnahmenunterschied für einen Asset Manager nicht bedeutsam", führt O'Connor aus. "Ich denke vielmehr, dass wir unseren Kundenkreis mithilfe von aktiven ETFs sogar erweitern." Sein Haus wolle den Kunden eine Wahl zwischen den verschiedenen Vehikeln bieten.
Erst gut ein Drittel des Wegs
Mit Blick auf das starke Wachstum der aktiven ETFs will das Haus mit Sitz im kalifornischen San Mateo das Geschäftsfeld deutlich ausweiten. "Wir sind im Wachstumsmodus", betont O'Connor. "Wir stellen neue Mitarbeiter ein, wir legen neue Produkte auf, und wir kooperieren mit immer mehr Partnern." In den USA biete Franklin Templeton mehr als 70 Produkte, in Europa sind es 26. "So gesehen haben wir hier also erst gut ein Drittel des Wegs hinter uns gebracht", sagt der Branchenveteran. (ert)