Anleger von H2O Asset Management, deren Geld in eingefrorenen Fonds gefangen ist, haben nunmehr Anteile an der Taxi- und Transport-App Gett im Portfolio. Dies teilte die von Bruno Crastes und Vincent Chailley mitgegründete Investmentgesellschaft mit. Einige H2O-Fonds waren 2019 in schweres Fahrwasser geraten, nachdem das massive Engagement der Investmentboutique in Unternehmen bekannt wurde, die dem Beteiligungsgeflecht des schillernden deutschen Investors Lars Windhorst zuzurechnen sind.

Der Uber-Konkurrent Gett vermittelt Fahrdienste für Unternehmen und wollte eigentlich über einen Börsenmantel, einen sogenannte SPAC, in den USA aufs Parkett. Die Bewertung des Start-ups erreichte zeitweilig eine Milliarde Dollar. Doch der Börsengang platzte. Gett stellt sein Russland-Geschäft ein. Die Bewertung schnurrte auf rund 250 Millionen US-Dollar zusammen, berichtet die Nachrichtenagentur "Bloomberg".

Fahrdienst statt Zinsen
Gett-Anteile liegen nunmehr als Ausgleich für ausgebliebene Bondrückzahlungen einer Windhorst-Anleihe in den zugesperrten H2O-Fonds, wie es in einem Schreiben der Gesellschaft heißt. Im Sommer 2020 musste H2O auf Geheiß der französischen Finanzaufsicht mehrere Fonds zeitweilig einfrieren. Die Portfolios wurden in liquide Teile und illiquide "Seitentaschen" aufgeteilt. Die liquiden Teile sind wieder geöffnet. Die Seitentaschen, in denen die Windhorst-Papiere liegen, bleiben hingegen eingefroren und sollen liquidiert werden.

Doch die Auflösung der Portfolios zieht sich hin. Ein "Evergreen" getaufter Rückkauf der Papiere durch Windhorsts Tennor Holding verlief nur bruchstückhaft. Daher einigten sich H2O und Tennor darauf, die Verbindlichkeiten der verschiedenen Windhorst-Firmen in einer Anleihe zu bündeln. H2O behielt jedoch die Papiere der einzelnen Windhorst-Firmen und weitere Vermögenswerte als Sicherheiten. Dann verspäteten sich fällige Kuponzahlungen der einzelnen Windhorst-Firmen an H2O. Die Gesellschaft schrieb daher per 31. Dezember 2021 die fälligen Kupons ab. Lediglich von der neuen Tennor-Anleihe sowie von einem Bond eines Brokers aus Abu Dhabi flossen noch Kuponzahlungen.

Bond-Auszahlung ausgeblieben
Im Januar blieb zudem eine Rückzahlung der Tennor-Anleihe aus. Dafür erhielten die betroffenen Fonds Anteile an dem Fahrdienst Gett im Wert von geschätzten 106 Millionen Dollar, wie H2O nun mitteilte. Der Wert der Gett-Papiere sei bislang nicht angesetzt worden und werde erst bei einem Verkauf ermittelt, schränkt die Gesellschaft ein. Der Wert der Gett-Wandelscheine werde derzeit nicht angesetzt, damit wiederum der Wert der Tennor-Anleihe nicht herabgesetzt werden müsse, heißt es in dem Schreiben.

Die durch den abgesagten Börsengang und den Russland-Abschied geschmälerte Unternehmensbewertung von Gett ist also noch nicht berücksichtigt. Die Wandelscheine dürften derzeit einen geringeren Wert aufweisen als die geschätzten 106 Millionen Dollar. Windhorst soll sich "Bloomberg" zufolge im Zuge einer früheren Finanzierungsrunde an dem Fahrdienstvermittler beteiligt haben. Tennor wollte dies nicht kommentieren.

"Rückzahlung in diesem Jahr einleiten"
Seit der Schließung der Fonds korrigierte H2O den Wert der Windhorst-Papiere deutlich nach unten. Einer der Gründe: Ein niederländisches Gericht erklärte die Tennor Holding im November 2021 für zahlungsunfähig. Ein Berufungsgericht hob den Beschluss im Dezember 2021 wieder auf. H2O senkte in der Folge den Wert der Tennor-Anleihe um 26,3 Prozent auf rund 838 Millionen Euro. "Dieser Rückgang ist auf die Berücksichtigung neuer Gläubiger der Tennor-Gruppe und die Überprüfung der geschätzten Werte der Betriebsgesellschaften der Tennor-Gruppe zurückzuführen", begründet H2O in dem Schreiben den Schritt.

Diese Korrektur schlägt sich auch in der Bewertung der sieben vor der Auflösung stehenden Fonds-Seitentaschen nieder. Deren Wert sei von geschätzten 1,6 Milliarden im Herbst 2020 um mehr als 35 Prozent auf rund eine Milliarde Euro per Ende 2021 korrigiert worden, gab H2O an. Die Fondsgesellschaft habe im ersten Quartal 2022 "aktiv mit seinen Finanz- und Rechtsberatern" zusammengearbeitet, um "verschiedene Liquidationsszenarien" für die Seitentaschen zu formulieren. "Ziel es ist, die Liquidation über Rückzahlungen in diesem Jahr einzuleiten, wobei sowohl auf das Vermögen der Tennor-Gruppe als auch auf externe Vermögen zurückgegriffen werden soll", schließt das Schreiben von H2O.

Arbeitsteilung eingerichtet
Die Investmentboutique betonte auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE, dass sowohl "die Liquidierung der Seitentaschen" als auch die "Performance unserer wieder geöffneten Fonds zu unseren Hauptprioritäten" zählen. Die Ressourcen in dem Haus seien so aufgeteilt worden, dass für beide Ziele die "bestmöglichen Ergebnisse" erreicht werden könnten. "Unsere Struktur ermöglicht es den Portfoliomanagern, darunter Bruno Crastes und Vincent Chailley, sich auf die Verwaltung der liquiden Fonds und Strategien zu konzentrieren, während ein separates Team mit unseren Finanz- und Rechtsberatern an der Liquidation der Seitentaschen arbeitet", teilte die Fondsgesellschaft mit. Der Asset Manager musste sich auf Geheiß der britischen Finanzaufsicht für die Liquidation die Hilfe einer Anwaltskanzlei sowie einer Investmentbank holen.

Rubel-Verluste aufgeholt – zum Teil
Neben den Windhorst-Investments hatte in diesem Frühjahr auch der russische Einmarsch in der Ukraine die Investmentboutique belastet. Manche H2O-Fonds hatten in russische und ukrainische Anleihen sowie in den russischen Rubel investiert. Dies fügte insbesondere dem H2O Multibonds FCP sowie dem H2O Multi Emerging Debt herbe Verluste zu. H2O betonte damals, die Rubel-Position behalten zu wollen. Das Anleihen-Engagement sei hingegen reduziert worden.

Der H2O Multibonds notiert nunmehr seit Jahresbeginn gesehen fast zwölf Prozent im Plus. "Unsere Fonds sind im Vergleich zur Konkurrenz gut positioniert", teilte H2O auf Anfrage mit. Der H2O Multi Emerging Debt hingegen weist seit Jahresbeginn immer noch ein Minus von beinahe 24 Prozent aus. H2O verwaltete per Ende Juni 2022 ein Vermögen von knapp 14 Milliarden Euro, vor Beginn der Windhorst-Turbulenzen waren es mehr als 30 Milliarden Euro gewesen. (ert)