Diskussion über strengere Regeln für Pfandleiher
Ein Mystery-Shopping-Test bringt Wiens Pfandleihern Kritik ein. Bis zu 60 Prozent Zinsen pro Jahr und intransparente Kostenaufschlüsselungen gefallen der Arbeiterkammer nicht. Doch die Pfandleiher schildern die Situation ganz anders. Die Regierung hat das Thema ebenfalls auf ihre Liste gesetzt.
Wer schnell Geld braucht, kann dafür seine Mobilien beim Pfandleiher einsetzen. Das ist unkompliziert und kann je nach Ausgangslage Vorteile gegenüber einem Bankkredit haben. Aus Sicht der Arbeiterkammer (AK) ist es aber mitunter ein teures und undurchsichtiges Geschäft.
AK-Mystery-Shopper haben in sieben Wiener Pfandhäusern gleichartige Notebooks und Goldmünzen verpfändet und vor dem Verfallstag wieder retourgelöst. Zum einen waren die Beträge, die sie für diese Gegenstände bekamen, höchst unterschiedlich. Bei der Bewertung der Objekte klaffte ein Spalt von bis zu 100 Euro: Die Notebooks wurden mit 50 bis 150 Euro bewertet, die Goldmünze mit 326 bis 425 Euro.
Hohe Spesen
Zum anderen kritisiert die AK die Monatszinsen für das Darlehen und die Manipulationsgebühren, die zwischen 3,5 und fünf Prozent lagen. Auf das Jahr gerechnet ergibt das zwischen 42 und 60 Prozent. Wobei in einem Fall effektiv sogar sieben Prozent monatlich ermittelt wurden, obwohl nur ein Tarif von 1,5 Prozent ausgeschrieben war. "Im Pfandleihgeschäft ist es üblich, dass Zinssätze pro Halbmonat angegeben werden – das bedeutet, pro Monat kommt das einer doppelten Belastung gleich", mahnt AK-Experte Christian Prantner zu einem genauen Durchlesen der Bedingungen vor Abschluss.
Zur Einordnung: Wer bei der Bank das Konto überzieht, muss in teuren Fällen mit um die 15 Prozent pro Jahr rechnen.
Zudem stellte die AK Intransparenzen in den Unterlagen fest. Konkrete Zinssätze in Prozent waren nur auf zwei Pfandscheinen angegeben. In der Regel stehen die Zinsen zwar im Gebührenblatt auf der Webseite. Aber das müssen Kunden im Vorfeld erst einmal wissen, so Prantner. Und ein Pfandleiher hatte gar keine Webseite. In einem Fall fehlten die versprochenen AGBs am Pfandschein. Ein Haus, das auf dem Pfandschein keine Kosteninformation gab, verwies auf den Aushang, der sich laut AK aber als schwer lesbar erwies.
Keine Abrechnung auf den Tag
Auch wurden die Darlehenszinsen nicht taggenau abgerechnet; diese waren immer zumindest für das angefangene Halbmonat zu zahlen, obwohl das Pfand bereits ausgelöst war. Wie viele Zins- oder Pfanddarlehenstage es exakt gab, wurde durchwegs nicht angegeben.
Die AK verlangt nun umfangreichere gesetzliche Standards für vorvertragliche Informationen und verständliche Verträge. Pfandscheine sollten aussagekräftige Kostenkennzahlen wie Gesamtbetrag und Jahreszinssatz in Prozent enthalten sowie eine transparente Kostenaufstellung in tabellarisch übersichtlicher Form bei Rückgabe des Pfandes. Seitens der AK ist die Analyse auch als Forderung an die Politik zu verstehen, die im Regierungsprogramm versprochenen klareren Regeln für die Pfandleihe umzusetzen.
Pfandleiher widersprechen
Die Gewerbetreibenden selbst halten die Forderungen nur bedingt für sinnvoll. Man sei sowohl mit der AK als auch auf Ministerienebene in einem "guten Austausch", was Standards betreffe. "Wir haben ein Interesse am Vertrauen unserer Kunden. Deshalb bieten einige Pfandhäuser bereits Informationen über die Erfordernisse hinaus an. Maßnahmen, die den Kunden weiter helfen, können positiv sein, etwa konkrete Rechenbeispiele", zeigt sich Patrick Scheucher, Vorsitzender des Fachausschusses der Pfandleiher in der Wirtschaftskammer, offen für neue Regeln.
Irreführend sei aber eine Hochrechnung der Monatszinssätze auf das Jahr, wie es die AK macht (und für künftige Verträge verlangt). Pfandgeschäfte laufen oft nur über ein, zwei Wochen oder wenige Monate, erklärt Scheucher. Das sei, wie wenn man die Kosten für ein Mietauto mit einer Leasingrate für den Privatwagen vergleicht. Zweck und Funktionsweise von Pfandleihe würden sich stark vom Bankkredit abheben und daher auch eine andere Gebührenstruktur verlangen.
Risiko liegt beim Pfandleiher
Der Pfandleiher müsse die Werthaltigkeit der Objekte physisch prüfen, wofür es oft Instrumente braucht. Und das Pfand ist sachgerecht aufzubewahren, vom Ring bis zum E-Bike, was wiederum Lagergebühren rechtfertige. Dass Kunden bei den Unternehmen sehr verschiedene Objektbewertungen erhalten, ergebe sich bereits allein daraus, dass die Pfandleiher oft spezialisiert sind – etwa auf Elektronik oder Edelmetalle. Entsprechend ihrer Expertise können sie für diese spezifischen Güter auch eine unterschiedliche Risikopolitik anwenden.
Pfandleihe sei immer assetbasiert, betont Scheucher. Das Verwertungsrisiko liege beim Pfandleiher. Den Konsumenten trifft über das Pfand hinaus keine Haftung. Dazu kommt: Kann der Kunde seinen Einsatz nicht zurücklösen, gehört die Sache nicht dem Pfandleiher. Dieser muss vielmehr das Objekt verkaufen und den Mehrerlös abzüglich Gebühren an den Kunden weitergeben. Pfandkredite seien eine Möglichkeit, um kurzfristig, ohne hohen Aufwand und ohne Bonitätsprüfung Geld zu erhalten, so Scheucher. Je nach Lage können die Bedingungen dafür günstiger sein als bei der Bank.
Bis jetzt haben die Pfandleiher unverbindliche Standesregeln, denen sie sich freiwillig unterwerfen können. Zudem müssen sie bei der Gewerbeanmeldung ihre Gebührenpolitik bekannt geben, sagt Scheucher. Er gehe davon aus, dass unerlaubt hohe Tarife von vornherein nicht genehmigt würden. (eml)
Neben den Zinsen können laut AK weitere Spesen anfallen:
- Üblich ist eine Ausfertigungs-/Abschluss-/Pfandscheingebühr – 4,90 bis zwölf Euro.
- "Lagerkosten", "Lagergebühren" oder "Platzgeld" – zwischen zwei und 9,90 Euro.
- Zwei Pfandleiher verrechneten zusätzlich zu den Darlehenszinsen eine Manipulationsgebühr von 2,5 bzw. drei Prozent pro Monat.
- Bei einem Pfandleiher fiel eine Bearbeitungsgebühr von einem Euro an.















