Direktbank winkt fast alle Anträge auf Arbeit im Ausland durch
Immer mehr deutsche Banken erlauben ihren Mitarbeitern seit gut einem Jahr, ihr Homeoffice auch zeitweilig im Ausland einzurichten. Die ING Deutschland hat bereits Hunderte Anträge auf Arbeit im Ausland erhalten. Dabei geht es nicht unbedingt um die klassischen Urlaubsziele.
Bei der ING Deutschland sind bislang rund 700 sogenannte Workation-Anträge eingegangen. Die Bank erlaubt mobiles Arbeiten im Ausland seit Anfang 2022. Sie war damit eine der ersten in der Branche. Inzwischen haben andere nachgezogen, darunter die BayernLB und die LBBW. Viele Häuser nutzen Workation zur Mitarbeiterbindung, während der Kampf um die besten Köpfe anhält.
"Flexibilität beim Arbeiten sollte nicht an der Landesgrenze aufhören", sagte Matthias Füssel, Personal-Chef bei ING Deutschland, der Nachrichtenagentur "Bloomberg". "Das ist eine konsequente Fortsetzung der neuen Arbeitswelt nach der Pandemie." Von den bislang rund 700 Anträgen sind Füssel zufolge lediglich elf nicht genehmigt worden, was allerdings rein formale Gründe gehabt habe. Erlaubt sind bei ING Deutschland bis zu 30 Workation-Tage im Jahr. Der mobile Arbeitsplatz im Ausland kann in allen EU-Ländern sowie Norwegen, Schweiz, Liechtenstein und Großbritannien aufgeschlagen werden.
Am Hafen Fisch essen
"Es geht ausdrücklich nicht darum, Urlaub und Arbeit zu vermischen – sondern darum, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen", sagte Füssel. "Also erst ganz normal zu arbeiten, aber dann eben nach Feierabend im Hafen von Porto Fisch zu essen, einen Surf-Kurs zu besuchen oder Zeit mit der Familie zu verbringen." Dahinter verberge sich letztlich die Hoffnung, dass die Mitarbeiter erfüllt von der Zeit im Ausland zurückkommen. Es gehe darum, dass die Work-Life-Balance stimme. "Da haben wir als Arbeitgeber am Ende dann auch etwas davon", sagte Füssel.
Laut Heidi Schindler, Senior-Managerin bei der Unternehmensberatungsgesellschaft EY, hat sich die Anzahl der Anfragen im Zusammenhang mit internationalen Mitarbeitereinsätzen – vom kurzen Workation-Aufenthalt bis hin zum dauerhaften Homeoffice im Ausland – um ein Vielfaches erhöht. Die Pandemie habe gezeigt, dass Homeoffice – unabhängig vom Land – keine Effizienzverluste bringe. Dagegen erhöhe sich die Mitarbeiterzufriedenheit deutlich, sagte sie.
Das sehen offenbar auch viele Banken so:
- Bei der BayernLB ist Workation seit August in ausgewählten EU-Staaten möglich. Pro Jahr stehen bis zu 20 Tage zur Verfügung, wobei maximal zehn Tage am Stück genommen werden dürfen.
- Die BayernLB-Tochter DKB erlaubt 30 Tage im Jahr, ebenfalls begrenzt auf Länder in der EU.
- Bei der DZ Bank können Mitarbeiter in Ausnahmefällen bis zu 18 Tage pro Jahr aus dem EU-Ausland arbeiten, sofern die Führungskraft zustimmt.
- Die LBBW stellt bis zu 15 Tage pro Kalenderjahr für mobiles Arbeiten im Ausland zur Verfügung, und zwar in allen EU-Staaten sowie Liechtenstein, Island und Norwegen.
Dass der Einsatz oft auf die EU oder die Länder des Europäischen Wirtschaftsraums begrenzt ist, hat unter anderem steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Gründe.
Besuch bei Familien im Vordergrund
Bei ING Deutschland müssten Interessenten das Arbeiten im Ausland zunächst mit der zuständigen Führungskraft besprechen. Anschließend stellen sie einen Antrag bei der Personalabteilung, in dem es um die Einhaltung von Formalien und Dokumentation geht. Wenn alles okay ist, müssen sich die Mitarbeiter am Ende noch selbst um ihre Reisepläne kümmern.
"In der Regel arbeiten die Mitarbeiter ein bis zwei Wochen aus dem Ausland", sagte Füssel. Einen klaren Gewinner bei den Zielen gebe es nicht. "Wir dachten erst, Spanien und Italien seien Favoriten, doch in der Praxis geht es oft darum, Freunde und Familie im Ausland zu besuchen, und das kann eben überall sein." (Bloomberg/ert)