Dagobertinvest holt sich Anlegergeld für Expansion
Die auf Immobilien spezialisierte österreichische Crowdinvesting-Plattform Dagobertinvest gibt eigene Aktien aus, um nach Osteuropa zu expandieren. Auch ein Börsenlisting ist angedacht. Dagobertinvest ist nicht der einzige Crowd-Finanzierer, der momentan an den Kapitalmarkt geht.
Anleger können sich seit Dienstag, 19. April, als Aktionär an der österreichischen Immobilien-Crowdinvesting-Firma Dagobertinvest beteiligen. Im Zuge einer Kapitalerhöhung will das Unternehmen 1,5 Millionen Euro einsammeln: Bis zum 17. Mai werden 5.000 Stück Aktien zu je 300 Euro angeboten. Anleger können über die österreichisch-deutsch-finnische Plattform Invesdor zeichnen, die zur Abwicklung berechtigt ist. Im Frühjahr 2023 plant Dagobertinvest eine zweite Aktienemission im selben Umfang. Durch die beiden Angebote sollen insgesamt 13,5 Prozent des Unternehmens in den Streubesitz kommen.
Mit den angestrebten Einnahmen von drei Millionen Euro will die bisher im DACH-Raum aktive Plattform noch heuer in die CEE-Region expandieren. "Wir haben acht Länder im Fokus und wollen in Tschechien beginnen", so Andreas Zederbauer, Geschäftsführer der Dagobertinvest AG, bei einer Präsentation. Wann der Startschuss genau fällt, steht nicht fest, denn bevor es so weit ist, braucht Dagobertinvest eine Lizenz der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) für den EU-weiten Vertrieb (EU-Pass). Das Verfahren laufe bereits. "Wir schätzen, dass wir die Lizenz in ein paar Monaten haben werden", so Zederbauer.
EU-Verordnung erleichtert grenzüberschreitenden Vertrieb
Hintergrund für die Expansion sind die neuen Möglichkeiten durch die ESCP-VO (EU-Schwarmfinanzierungsdienstleistungsverordnung). Die Regeln wurden im Dezember 2021 wirksam. Plattformen können nun mit der Lizenz eines nationalen Regulators ihre Dienstleistung EU-weit anbieten, während davor die Ländergesetze ausschlaggebend waren. Zum anderen erweitert sich der Produktrahmen: Früher durften Crowdinvestingplattformen nur qualifizierte Nachrangdarlehen vermitteln (Investor erhält bei einer Pleite erst nach den anderen Gläubigern Geld). Mit dem EU-Pass dürfen nun auch besicherte Kredite vergeben werden – beschränkt auf fünf Millionen Euro binnen zwölf Monaten. "Die Neuregelung durchbricht das Monopol der Banken bei der KMU-Finanzierung", so Zederbauer.
Bei den nun ausgegebenen Dagobertinvest-Anteilen handelt es sich (wie für nicht-börsenotierte Unternehmen vorgeschrieben) um Namensaktien; sprich, der Besitzer wird namentlich im Aktienbuch eingetragen. Die Anleger erhalten Dividenden und seien mit denselben Stimmrechten ausgestattet, wie die Altaktionäre, betonte Zederbauer. Eine Vinkulierung bestehe nicht, das Unternehmen muss also einem Verkauf nicht zustimmen. Die Aktien sind damit voll handelbar – wenngleich es vorerst noch kein Börsenlisting gibt und damit kein öffentliches Handelsparkett, auf dem Anleger ihre Anteile einfach kaufen und verkaufen können. Das soll sich jedoch ändern.
IPO möglich – Auch in Form einer Tokenisierung
Man strebe 2024, im Jahr nach der zweiten Kapitalerhöhung, ein IPO an, also ein Listing der Anteile auf einem öffentlichen Handelsplatz, sagte Zederbauer. Im Zuge dessen könnten die Namensaktien in anonym übertragbare Inhaberaktien (nur für notierte AGs erlaubt) umgewandelt werden. Wo und in welcher Form ein IPO stattfindet, sei noch offen. Die Börse Wien, mit der man bereits gesprochen habe, sei ebenso eine Option wie andere Märkte. Allerdings hätten – selbst an größeren Börsen – die KMU-Segmente oft den Nachteil, dass ohne entsprechende Werbemaßnahmen der Publikumsverkehr überschaubar bleibt. Damit stünden die eigentlich mit einer Notiz angestrebten (Liquiditäts)vorteile für Anleger wieder in Frage. Man schaue sich deshalb auch nach Fintech-Lösungen um. Eine Tokenisierung von Anteilen sei eine Möglichkeit, die bei Dagobertinvest durchgedacht werde, so Zederbauer auf Nachfrage.
Erste Dividenden sollen die Aktieninhaber erst ab 2025 oder 2026 ausbezahlt bekommen. Die kommenden zwei Jahre dürften aufgrund nötiger Investitionen planmäßig Verlustjahre werden. Insbesondere werde man hohe Beträge für Marketing ausgeben müssen. "In vielen Ländern ist das Thema noch nicht verankert und wir werden zuerst klar machen müssen, worum es bei Crowdinvesting geht", so Zederbauer.
"Eigenmittel sind Mangelware"
Er erwartet, dass die Bedeutung von Crowdinvesting besonders deshalb steigt, weil die Banken von Immobilienerrichtungsgesellschaften immer höhere Eigenmittelquoten erwarten. "Eigenmittel sind Mangelware in System. Haben die Banken früher zehn bis 25 Prozent gefordert, sind es jetzt oft zwischen 25 und 40 Prozent. In der Schweiz sind es sogar schon 50 Prozent", so Zederbauer. Die Bauträger seien folglich sehr stark auf die Mezzanin-Finanzierung (Zwitter aus Eigen- und Fremdkapital) angewiesen, die Crowd-Investoren bieten.
Beim Crowdinvesting stellen die Anleger den Unternehmen in der Regel Nachrangdarlehen zur Verfügung – Fremdkapital aus Sicht des Unternehmens, wobei die Bank diese Mittel aber als Eigenkapital betrachtet, da die Geldgeber ja im Insolvenzfall erst nach ihr bedient würden. Oft kommen die Immobiliengesellschaften erst durch diese Mezzanin-Finanzierung auf die erforderlichen Eigenmittel. Sie zahlen daher Kapitalgebern hohe Zinsen bei aktuell üblicherweise weit über sieben Prozent. Die Kapitalgeber wiederum – in diesem Fall die Crowd-Investoren – tragen ein erhöhtes Risiko, bei einem Ausfall nichts von ihrem Geld zu sehen.
Zu Beginn DACH-Projekte
Anleger in den neuen Märkten können in einem ersten Schritt in Dagobert-Projekte in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) investieren. Es bestehe in den CEE-Märkten Interesse an hochrentierlichen Anlagen auf Eurobasis in sicheren Ländern, so Zederbauer. In einem zweiten Schritt will Dagobertinvest dann auch Immobilienprojekte aus den neuen Märkten vermitteln, wobei risiko- und marktbedingte Zinsaufschläge von zwei bis vier Prozent zu erwarten sind. Aktuell ist das gesamte Dagobertportfolio mit rund 7,36 Prozent verzinst.
Dagobertinvest ist nicht die einzige Plattform, die derzeit am Kapitalmarkt Geld für Wachstum aufnimmt. In Deutschland geht der Crowdanbieter Engel & Völkers Digital Invest an die Börse. Hier werden gezielt größere beziehungsweise institutionelle Investoren angesprochen. Es soll die Expansion nach Spanien aber auch nach Österreich finanziert werden. Ein Listing in Frankfurt ist für den 3. Mai angestrebt. Die Zeichnungsfrist startete am 19. Mai und damit am selben Tag wie bei Dagobertinvest. Ein Zufall, wie Zederbauer betont. Offenbar hätten auch andere die Chancen erkannt. (eml)
Hinweis: Im ersten Absatz wurde das Datum auf Mai korrigiert.