Der seit mehr als einem Jahrzehnt auf der Asset-Management-Branche lastende Abwärtstrend bei den Preisen könnte vor einer Abschwächung stehen. Denn während das Aufkommen günstiger börsengehandelter Indexfonds (ETFs) sowie die lange währende Niedrigzinsphase den Gebührenverfall forcierten, könnten die nun hochgeschnellten Inflationsraten dem Preisverfall ein Ende bereiten, meinen manche Branchenbeobachter.

"Die Asset-Management-Branche steht vor einem Wendepunkt", zeigt sich Kamil Kaczmarski, Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman, überzeugt. "Die vergangenen zehn Jahre waren von steigenden Bewertungen an den Märkten und anhaltenden Nettomittelzuflüssen geprägt." Angesichts dieses Rückenwinds konnten die Anbieter fallende Gebühreneinnahmen und demgegenüber steigende Kosten abfedern. Obendrein heizten sie den Preiskampf sogar noch an. "In der Vergangenheit wurden Produkte zu aggressiv bepreist", kritisiert Kaczmarski.

Rückenwind dreht in Gegenwind
Das dürfte sich ändern. Der Rückenwind der guten Marktlage und des wachsenden Wohlstands lässt eingedenk der Inflation und der Kurseinbrüche nach. Angesichts der höheren laufenden Ausgaben fällt die Sparbereitschaft der Anleger geringer aus. Und die Teuerung trifft auch die Fondsindustrie selbst. "Die Kosten für Gehälter, Datenlieferungen und Gebäude steigen", stellt Kaczmarski fest. Besonders die Löhne schlagen ins Kontor. "Das Asset Management ist immer noch ein 'People's Business'", führt Kaczmarski aus. 

Dass die Gehälter für die Mitarbeiter angesichts der hohen Teuerungsraten steigen müssen, könnte bei vielen Investmentkunden sogar auf Verständnis treffen. "Gute Leistung sollte angemessen entlohnt werden", meint der Oliver-Wyman-Experte. "Asset Manager werden die Gunst der Stunde nutzen und über Gebühren neu verhandeln." Dies betrifft zwar zunächst einmal vor allem Mandate für institutionelle Kunden. Der Branchenkenner kommt aber zu der Überzeugung: "Der Preisverfall wird an Dynamik verlieren."

Geringeres Problem
Diese Eindrücke scheint eine Umfrage des auf die Asset-Management-Industrie spezialisierten Analysehauses Cerulli Associates zu stützen. "Der hohe Preisdruck ist ein geringeres Problem als in der Vergangenheit", meint Justina Deveikyte, die das Research für das institutionelle Geschäft bei Cerulli in Europa leitet. Das Haus befragte Fondsanbieter in zehn europäischen Märkten zu ihren Erwartungen im Geschäft mit Versicherungen. Demnach sehen nur zehn Prozent der Asset Manager in sinkenden Gebühren ein wesentliches Hindernis für das Wachstum ihres Geschäfts. Im Vorjahr hatten noch 42 Prozent der Befragten fallende Preise als Hürde genannt.


Über welche Wege es den Fondsgesellschaften gelang, die Kosten zu kappen, und warum auch eingefleischte aktive Manager die Auflage eines ETF erwägen, lesen Sie in der vollständigen Version des Artikels, der in Ausgabe 2/2023 von FONDS professionell erschienen ist. Sie finden den Artikel nach Anmeldung auch hier im E-Magazin.


Über weite Teile des Kontinents rechnen die an der Umfrage teilnehmenden Gesellschaften in den nächsten ein bis zwei Jahren nicht mit einem verschärften Preisdruck. In Deutschland etwa sank der Anteil der Nennungen von 13 Prozent im Vorjahr auf null. In Großbritannien sank der Anteil von 25 auf fünf Prozent, in der Schweiz von 21 auf sieben Prozent. In manchen Märkten berichten die Befragten aber noch von einem anhaltenden Preisdruck, etwa in Dänemark, Schweden oder den Niederlanden.

Keine Umkehr
Andere Beobachter vermögen dagegen keine anhaltende Entlastung bei den Preisen zu erkennen. "Der Trend zu sinkenden Gebühren wird sich nicht grundsätzlich umkehren", meint Felix Germann, Partner bei der Unternehmensberatung McKinsey. Insbesondere wenn passive Investments zum Angebotsmix gehören, würden die Margen sinken. "Damit wird die Branche leben müssen", sagt Germann. Bei anhaltend niedrigeren oder gar weiter sinkenden Gebühreneinnahmen und zugleich forciert steigenden Kosten geraten in der Folge die Überschüsse der Fondsgesellschaften noch stärker unter Druck. (ert)