Der Vorstandschef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock will alternative Anlagen wie Infrastruktur, Private Equity oder Privatkredite, die bislang nur wenigen, hochvermögenden Menschen offen standen, für die breite Masse der Anleger öffnen. Dies schreibt Larry Fink in seinem jährlichen Brief an die Investoren. Der Kapitalismus habe in den vergangenen Jahren "für zu wenige Menschen" funktioniert, so Fink, was zu Unruhe in der Wirtschaftsordnung geführt habe.

In vielen Ländern der Welt gebe es zwei Ebenen: "Eine, in der Reichtum auf Reichtum aufbaut; eine andere, in der Not auf Not aufbaut", führt der Blackrock-Mitgründer aus. Eine Beteiligung von mehr Menschen an den Kapitalmärkten könne jedoch dazu beitragen, die Unruhe zu mildern. Der weltgrößte Vermögensverwalter sieht nun einen Teil seiner Aufgabe darin, "private Märkte zu erschließen", so Fink, dessen Unternehmen im vergangenen Jahr fast 30 Milliarden Dollar für Übernahmen in diesem Bereich ausgegeben hat.

"Verschlossen hinter hohen Mauern"
"Vermögenswerte, die die Zukunft bestimmen werden – Datenzentren, Häfen, Stromnetze, die am schnellsten wachsenden Privatunternehmen der Welt – sind für die meisten Investoren nicht zugänglich", schreibt Fink. "Sie befinden sich in privaten Märkten, verschlossen hinter hohen Mauern, mit Toren, die sich nur für die reichsten oder größten Marktteilnehmer öffnen."

Fink hat jahrelang Briefe an Unternehmensleiter und Aktionäre verfasst, um sich zum Markt sowie zu brisanten sozialen und politischen Themen zu äußern. Da Blackrock beträchtliche Anteile an Unternehmen und Anleiheemittenten auf der ganzen Welt verwaltet, hat Finks Stimme Gewicht. Im Laufe der Jahre haben seine Briefe auch Kritik auf sich gezogen. Die Republikaner um Donald Trump wetterten gegen sein Eintreten für Nachhaltigkeit. Umweltaktivisten wiederum kritisierten, dass Blackrock weiterhin etwa in Öl- und Rohstoffunternehmen investiert.

"Waren ein traditioneller Vermögensverwalter"
Die Vision für die Privatmärkte ist der nächste Schritt in Finks Bestreben, Blackrock zum ersten Unternehmen zu machen, das Geld im großem Stil sowohl in traditionellen als auch in alternativen Anlagen verwaltet. Blackrock profitierte von dem jahrzehntelangen Boom bei kostengünstigen, börsengehandelten Indexfonds (ETFs) und sieht die Zukunft nun auch in lukrativeren Privatmarktanlagen. "Wir waren in erster Linie ein traditioneller Vermögensverwalter", formuliert es Fink. "Das waren wir auch zu Beginn des Jahres 2024. Aber das sind wir nicht mehr."

In seinem Schreiben erklärt Fink, dass das traditionelle 60/40-Portfolio aus Aktien und Anleihen zur Diversifizierung möglicherweise nicht mehr ausreicht. Stattdessen sagt Fink, dass die neue Normalität für Portfolios 50/30/20 sein könnte, wobei 20 Prozent der Investitionen in private Vermögenswerte wie Immobilien, private Kredite und Infrastruktur fließen. Der weltweite Bedarf an Infrastrukturinvestitionen wird laut Fink bis 2040 68 Billionen Dollar erreichen.

"Europa wacht auf"
Bedenken hegt der Blackrock-Lenker gegenüber der Rolle des US-Dollars – und sieht einen möglichen Aufstieg von Kryptowährungen. Der Status des US-Dollars als Weltreservewährung ist "nicht für immer garantiert", meint Fink und warnt, dass das Land seine Schulden in den Griff bekommen müsse. Er stellt in Aussicht, dass der Dollar seine Position an digitale Werte wie Bitcoin verlieren könnte.

Einen optimistischen Ausblick gibt Fink für Europa. Der Kontinent sei in den vergangenen Jahren von langsamem Wachstum und einer trägen Regulierung geprägt gewesen. "Aber ich glaube, Europa wacht auf", meint der Blackrock-Chef. "Die politischen Entscheidungsträger, mit denen ich spreche – und das sind viele – erkennen zunehmend, dass sich regulatorische Hürden nicht von selbst abbauen werden. Sie müssen aktiv angegangen werden. Und das Potenzial ist enorm." (Bloomberg/ert)