Beschwerdemanagement als Business-Case für Finanzunternehmen
Dass unzufriedene Kunden vermieden werden sollen, ist eine "no-na-Weisheit". Die Zahlen dahinter zeigen, warum man im Finanzvertrieb auf diese simplen Wahrheiten achten sollte.
Positiv gestimmte Bank- und Versicherungskunden erzählen ihre Erfahrung maximal drei Personen weiter. Unzufriedene hingegen teilen ihren Unmut mit sieben bis 15 Leuten. Das geht aus Zahlen von Telemark Marketing im Auftrag des Finanz-Marketing Verbands Österreich (FMVÖ) hervor. "Unternehmen achten meist nur darauf, die Zahl der Promotoren zu steigern. Nicht zu unterschätzen ist allerdings die Auswirkung von Detraktoren", so Studienleiter und FMVÖ-Vorstand Robert Sobotka.
In etwa eine Million Versicherungskunden kündigten jährlich aus Unzufriedenheit den Vertrag. Rund ein Viertel der Kunden gab bei der "Versicherungsmarkt-Basisstudie 2025" an, im letzten Jahr eine Polizze gekündigt zu haben – davon 29 Prozent, weil sie die Leistung nicht mehr benötigten. Die weiteren Kündigungsgründe würden jedoch allesamt mit der Unzufriedenheit zusammenhängen. Sei es aufgrund zu hoher Kosten (25 Prozent), wegen Problemen bei der Schadensabwicklung (11 Prozent), mit dem Betreuer und schlechtem Kundenservice (je rund 9 Prozent).
Hohe Wechselbereitschaft bei Bankkunden
Bei den Banken sei unter den unzufriedenen Kunden (Detraktoren) die Wechselbereitschaft zu anderen Instituten mit 43,5 Prozent sehr hoch. Neutral gestimmte Kunden erwägen nur zu 14,5 Prozent einen Wechsel des Instituts. Detraktoren stören sich vorrangig an hohen Kosten (21 Prozent der Befragten), schlechter Beratung oder Betreuung (19 Prozent) sowie negativen Erfahrungen (9 Prozent). Statt Kunden anderer Institute mit teuren Maßnahmen und Aktionen wie Rabatten oder Ähnlichem abzuwerben, sollten Finanzunternehmen eher die Kündigung ihrer Bestandskunden verhindern, heißt es in einer FMVÖ-Aussendung.
Quelle: FMVÖ
In der Grafik ist zu sehen, dass vor allem bei den Versicherungen in den vergangenen Jahren die positiv gestimmten Kunden (Promotoren/NPS) zugelegt haben, während die negativ eingestellten Kunden weniger wurden. Bei den Banken sind die Werte relativ gleichbleibend.
Dem Beschwerdemanagement müsse mehr Bedeutung zukommen. Die täglichen Beschwerden sollten systematisch dokumentiert und aufgearbeitet werden, heißt es beim FMVÖ. Wobei dabei die KI helfen kann. Durch hürdenlose und ernsthafte Beschwerdemöglichkeiten lässt sich laut dem Verband auch das Problem der "Unvoiced Complaints" abfedern: Also Kunden, die den Aufwand einer negativen Rückmeldung erst gar nicht auf sich nehmen, sondern kommentarlos gehen. (eml)