Aufseher sperrt mehrere H2O-Fonds zeitweilig zu
H2O-Starmanager Bruno Crastes hatte in einige seiner Fonds Wertpapiere geladen, die Lars Windhorst zuzurechnen sind. Weil sich für die Investments zuletzt kaum Preise ermitteln ließen, verhängt die französische Aufsicht einen Ausgabe- und Rücknahmestopp. Die Fonds sollen durch neue ersetzt werden.
Die französische Finanzaufsicht hat drei Fonds von H2O Asset Management zeitweise geschlossen. Dies teilte die in London ansässige Investmentboutique mit. Demnach verlangte die Autorité des marchés financiers (AMF), bei den drei Fonds H2O Allegro, H2O Multibonds und H2O Multistrategies ab Freitag, 28. August, 12.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit, die Anteilsausgabe- und Rücknahme zu stoppen. Die Behörde bestätigte den Schritt in einer eigenen Mitteilung.
Darüber hinaus schließt das zum französischen Boutiquendach Natixis Investment Managers gehörende Investmenthaus von sich aus vier weitere Fonds, und zwar den H2O Adagio, H2O Moderato, H2O Multiequities und H2O Vivace sowie den Spezialfonds H2O Deep Value. Diese seien ebenfalls in die betroffenen Wertpapiere investiert. Mit dem Schritt sollten die Anleger der H2O-Fondspalette "fair und gleich" behandelt werden, heißt es in der Mitteilung. Weitere Fonds der Boutique sind aber nicht betroffen.
Unsichere Bewertung
Als Grund für die Schließung verweist die Gesellschaft auf "Unsicherheiten" bei der Bewertung von nicht an der Börse notierten Wertpapieren, die "einen erheblichen Anteil" der Anlagen der betroffenen Fonds ausmachen würden. H2O-Gründer und Frontmann Bruno Crastes hatte in zum Teil illiquide Papiere investiert, die dem schillernden deutschen Unternehmer Lars Windhorst zuzurechnen sind. Nachdem die Wirtschaftszeitung "Financial Times" dieses Engagement vergangenen Sommer aufgedeckt hatte, zogen Anleger zeitweilig acht Milliarden Euro aus den H2O-Fonds ab. Der Natixis-Ableger verwaltete per Ende Juni 2020 ein Vermögen von rund 22 Milliarden Euro.
Nachdem sich die Turbulenzen zunächst gelegt hatten, büßten die Portfolios in der Coronakrise im März 2020 empfindlich an Wert ein. H2O-Gründer Bruno Crastes entschuldigte sich bei seinen Investoren für die Verluste. In den Vorjahren hatten die Fonds Anlegern außerordentlich hohe Gewinne beschert. Die an den Crash anschließende Erholung vollzogen die meisten Portfolios allenfalls zum Teil nach. Im Mai wurde dann bekannt, dass Windhorst über eine Zweckgesellschaft die Papiere von H2O zurücknehmen will.
"Saubere" Klone und "Bad Fonds"
Diese Rückkaufaktion der Papiere sei allerdings noch "unvollständig", heißt es nun in der Mitteilung. Daher habe man sich zur Schließung der genannten Fonds entschlossen. Die Aussetzung soll rund vier Wochen dauern. Während der Sperre sollen die Fonds weiter verwaltet, die illiquiden Papiere aber in "Seitentaschen" aussortiert werden. In dieser Zeit will H2O zudem für die sieben betroffenen Publikumsfonds Ersatzvehikel auflegen. Diese sollen die gleichen Strukturen und Anlagestrategien aufweisen wie die alten. Nur sollen in den neuen Fonds keine der nicht-börsennotierten Papiere liegen. Die neuen Vehikel sollen über das Kürzel "FCP" im Namen erkenntlich sein.
Die H2O-Kunden erhalten dann laut Plan Anteile an den neuen, "sauberen" Klonfonds, behalten aber ihre Anteile an den alten Vehikeln, in denen die illiquiden Papiere liegen bleiben. Die Investments sollen Zug um Zug unter den "bestmöglichen Bedingungen" verkauft werden, verspricht die Gesellschaft. Dies solle entweder über die geschlossene Rückkaufvereinbarung oder über "alternative Wege" erfolgen, heißt es weiter. Schon im vergangenen Sommer hatte das Haus kundgetan, dass ein Teil der Windhorst-Investments verkauft und der Anteil dieser Papiere in den Portfolios somit auf ein geringeres Maß gesunken sei.
Streit und Versöhnung
Windhorst wiederum hat angeblich eine halbe Milliarde Euro bei namhaften deutschen Investoren eingeworben, um von H2O die illiquiden Papiere zurückzukaufen. Dem Finanznachrichtendienst "Bloomberg" zufolge handelt es sich bei den Geldgebern um den Macher hinter der Modemarke "New Yorker", Friedrich Knapp, sowie um den Krankenhausbetreiber Ulrich Marseille. Marseille bestätigte "Bloomberg" gegenüber ein Investment. Sprecher von Windhorst und H2O lehnten Stellungnahmen ab, ebenso Vertreter von Unternehmen, die im Besitz von Knapp sind.
Windhorst, der zuletzt mit seinem Einstieg beim Bundesliga-Fußballclub Hertha BSC Aufsehen erregte, galt in den 1990ern als Wunderkind der deutschen Wirtschaft. Er gründete als Teenager seine erste Firma. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl zeigte sich gerne an seiner Seite. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase rutschte Windhorsts Firma in die Pleite. Seine Comeback-Versuche sind mit Rechtsstreitigkeiten und weiteren Insolvenzen verknüpft. Ausgerechnet Klinikbetreiber Marseille gehörte zu den Investoren, denen Windhorst Geld schuldete. Marseille forderte in einem jahrelangen Rechtsstreit sein Geld zurück, stellte Anzeige wegen Betrugs. Später einigten sich die beiden. Heute machen sie offenbar wieder Geschäfte miteinander. (ert)