36-Stunden-Woche: Groß angelegter Vorstoß bei Österreichs Banken
Wie die Redaktion erfuhr, arbeitet die Gewerkschaft GPA momentan intensiv daran, am österreichischen Bankensektor eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich durchzusetzen.
Was bei den vergangenen Kollektivvertragsverhandlungen (KV) im März noch scheiterte, soll nun in den kommenden Monaten bis zur Durchsetzung aufbereitet werden: "Wir arbeiten aktiv an einer Arbeitszeitverkürzung im Bankensektor bei vollem Lohn", bestätigte Helga Fichtinger, Verhandlerin und Expertin für den Finanzbereich bei der Gewerkschaft GPA.
Diese Woche stehen Beratungen mit den Betriebsräten in den österreichischen Kreditinstituten an. Über den Sommer sei dann eine Kampagne inklusive einer Umfrage unter den Bankangestellten zum Thema Arbeitszeit geplant. Gespräche mit den Bankmitarbeitern gebe es über alle Sektoren hinweg – von den Aktienbanken und Bankiers über Raiffeisen und Sparkassen bis zu den Volksbanken und Hypos.
"Bis wir das umgesetzt haben"
"Das Thema Arbeitszeitverkürzung ist gekommen um zu bleiben. Wir werden so lang daran arbeiten, bis wir das umgesetzt haben", so Fichtinger. Aktuelles Ziel ist eine 36-Stunden-Woche für die Kreditinstitute, bei denen bis jetzt regulär 38,5 Wochenstunden gelten. Fichtinger verweist auf den hohen Digitalisierungsgrad in der Finanzbranche, der den Banken in den vergangenen Jahren Effizienzgewinne brachte. Eine Stundenreduktion der persönlichen Arbeitszeit sei angesichts der fortgeschrittenen Technologisierung auf diesem Sektor begründbar.
"In der Praxis zeigt sich, dass dort, wo die Arbeitszeit reduziert wurde, die Produktivität gestiegen ist und dass sich Lebensqualität und Gesundheit der Mitarbeiter verbessert haben. Wir sehen das an vielen Betrieben, bis hin zum Optiker, der auf eine 30-Stunden-Woche umgestellt hat", so Fichtinger. Stundenreduktionen hätten auch eine volkswirtschaftliche Komponente, weil sie dazu beitragen können, gesund bis zum Berufsende zu arbeiten. Außerdem falle es Personen mit Betreuungspflichten leichter, bei geringerer Regelarbeitszeit in eine Vollzeitanstellung einzusteigen. Insbesondere käme das den Frauen zugute, die im Land noch immer den Großteil der Kindererziehung und der häuslichen Pflege übernehmen.
Vier-Tage-Woche nur bei reduzierter Stundenanzahl
Gemeinsam mit der Arbeitszeitverkürzung diskutiere man auch Modelle wie die Vier-Tage-Woche. Diese sei jedoch nur im Zusammenhang mit einer Stundenreduktion sinnvoll. "Eine langfristig hohe Arbeitszeitverdichtung an nur vier Tagen ist aus unserer Sicht nicht ideal", so Fichtinger.
Bei den diesjährigen Verhandlungen zum Banken-Kollektivvertrag (KV) hatte die GPA die Stundenreduktion auf den Plan gesetzt. Daraus wurde nichts. Aus dem Bankensektor hatte es kürzlich gegenüber der Redaktion geheißen, dass man die 36-Stunden-Forderung eher als Manövriermasse der Gewerkschaft interpretiere. Mit der aktuellen Kampagne betonen die Personalvertreter hingegen, dass sie es ernst meinen. (eml)