In den vergangenen Jahren gab es unzählige, auch höchstrichterliche, Gerichtsurteile über die Zulässigkeit von Vertragsklauseln in Wohnungsmietverträgen. Dadurch ist die Immobilienbranche Kummer gewohnt. Doch das jüngste Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) versetzt ihr einen Schock. Nun herrscht dringender Handlungsbedarf, wobei die Regierung im Eilverfahren ein neues Gesetz erlassen will.

Verbotene Mieterhöhung
Zwei Immobilienunternehmen wollten eine Bestimmung im Konsumentenschutzgesetz aufheben lassen, die ihrer Meinung nach verfassungswidrig ist. Dabei geht es um unzulässige Vertragsbestandteile im Sinne des § 6 KSchG und hier konkret um die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss, wenn diese nicht ausdrücklich und vom Unternehmer nachweisbar ausgehandelt wurden. "Der VfGH stellt zwar fest, dass § 6 Abs. 2 Z 4 KSchG in das Eigentumsrecht des Vermieters eingreift. Diese Regelung dient aber legitimen, im öffentlichen Interesse liegenden Zielen des Verbraucherschutzes und ist auch nicht unverhältnismäßig", heißt es in einer Aussendung des Verfassungsgerichts.

Nun gilt die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach die Wertsicherungsklausel nicht nur für die ersten beiden Monate nach Vertragsabschluss, sondern zur Gänze unwirksam ist. "Es ist auch nicht verfassungswidrig, dass eine verbotene Wertsicherungsklausel zur Gänze unwirksam wird", so der VfGH. Das bedeutet: Die Vermieter verlieren in den betroffenen Mietverträgen generell die Möglichkeit, den Mietzins an die Inflation anzupassen.

VfGH-Erkenntnis schlägt hohe Wellen
Die Immobilienbranche schlägt Alarm und läuft Sturm. "Die wirtschaftlichen Auswirkungen bei einem Worst-Case-Szenario sind mehr als bedrohlich", warnt Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI). In der politischen und medialen Diskussion werde immer wieder eine "angeblich überschießende Wertsteigerung" ins Treffen geführt, von der die Immobilienwirtschaft profitiere. "Darum geht es nicht, sondern um ein reines Abdecken der Geldentwertung", erklärt Holzapfel.

Von diesem Indexierungsverbot sind potenziell mehrere Hunderttausend Mietverträge betroffen. Laut ÖVI müssen durch den OGH noch offene Fragen geklärt werden. Das betreffe unter anderem die Verjährungsfrist. Moment steht im Raum, dass die Mieter die durch Erhöhungen mehr gezahlte Mieten für die vergangenen 30 Jahre zurückfordern können. Außerdem hofft die Immobilienbranche, dass die Wertsicherungsklausel wenigstens teilweise weiter bestehen darf, wenn beispielsweise die Miete in den ersten beiden Vertragsmonaten praktisch nicht erhöht wurde.

Regierung will rasch handeln
Im Parlament erklärte Andreas Babler, Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport, dass sein Ressort gemeinsam mit dem Justizministerium mit Hochdruck an einer Lösung arbeite. Die Verjährungsfristen für Mietzinsrückforderungen sollen neu geregelt werden. Laut Medienberichten liegt in den Ministerien ein Gesetzentwurf vor. Babler kündigte im Nationalrat außerdem für September einen Entwurf zur gesetzlichen Anhebung der Mindestbefristung von Mietverträgen auf fünf Jahre an. Die Zahl der befristeten Mietverträge sei zuletzt stark angestiegen, und Befristungen seien unterdessen zur Regel geworden. (ae)