Das werfen die Ermittler René Benko vor
Donnerstagvormittag klickten für den Tiroler Investor René Benko die Handschellen. Er soll Geld vor den Gläubigern versteckt haben. Die WKStA hat Telefone überwachen lassen. Im Zentrum stehen Benkos Privatstiftungen. Zugleich kam es zu mehreren Hausdurchsuchungen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Ermittlungen rund um die Pleite der Signa-Gruppe gipfelten am Donnerstagvormittag (23.1.) in der Verhaftung von Gründer René Benko. Am frühen Nachmittag teilte die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit, dass Benko einvernommen worden sei. Im Anschluss sei die Einlieferung in die Justizanstalt angeordnet und beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft gestellt worden. Über die U-Haft muss das Gericht binnen 48 Stunden ab Einlieferung in die Justizanstalt entscheiden.
Zugleich wurde am späten Nachmittag bekannt, dass es zu Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten kam. Vermögenswerte wurden beschlagnahmt. Angeordnet wurde die Festnahme des 47-jährigen Tirolers von der WKStA. Die Behörde sah Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr, wie sie in einer Mitteilung erklärte. Es geht unter anderem um Rechnungsfälschung und Verheimlichung von Vermögen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Im Dickicht der Stiftungen
Im Zentrum der Vorwürfe stehen mehrere Stiftungen, die Gläubiger seit Langem kritisch hinterfragen. Benko – nicht nur seine Signa-Gruppe ist pleite, auch er selbst als Unternehmer befindet sich seit rund einem Jahr im Konkurs – hat dem Insolvenzgericht einst ein angebliches Monatseinkommen von 3.700 Euro gemeldet. Ansonsten gab er sich weitgehend mittellos. Dieser Darstellung stand sein weiter aufwendiger Lebensstil entgegen, inklusive der Nutzung von Villen in Österreich und Italien. Vergangenen Sommer sorgten Bilder für Kopfschütteln, die zeigten, dass Benko offenbar nach wie vor sein einst privat erworbenes Luxusmotorboot am Gardasee nutzen konnte.
Benkos Lebenswandel soll unter anderem aus Stiftungen, wie der nach seiner Tochter benannten Laura Privatstiftung oder aus der Ingbe Privatstiftung gespeist werden, die der Tiroler Investor mit seiner Mutter Ingeborg errichtet hatte. Um die Vehikel herrscht bereits ein juristischer Kampf: Eine einstweilige Verfügung des Insolvenzverwalters, die Ingeborg Benko in den Entscheidungen über das Vermögen der zwei Stiftungen eingeschränkt hatte, wurde vergangenen Sommer wieder aufgehoben.
Benko "faktischer Machthaber" der Laura Privatstiftung
Nun wird die WKStA erstmals öffentlich konkret. Laut der Behörde hätten die Ermittlungen gezeigt, dass Benko der faktische Machthaber und wirtschaftlich Berechtigte der Laura Privatstiftung sei. Dies habe er im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht, so die Juristen der WKStA. Damit habe er Vermögenswerte verschleiert und das in der Stiftung vorhandene Vermögen weiterhin dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen. Es besteht der Vorwurf der betrügerischen Krida.
Anhaltspunkte dafür hat die WKStA insbesondere durch eine Telefonüberwachung gesammelt sowie aus der Auswertung des Nachrichtenverkehrs von Benko und den Aussagen von Geschäftspartnern, Geschäftsführung und Mitarbeitern.
Bezüglich Verdunkelungsgefahr geht es um das bereits seit einiger Zeit im Raum stehende Verschwinden teurer Waffen. Benko habe nachträglich eine Rechnung hergestellt und damit Beweismittel gefälscht, um drei hochpreisige Schusswaffen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Außerdem habe Benko teure Uhren und andere Vermögenswerte zum Nachteil der Gläubiger "verborgen" beziehungsweise ohne angemessene Gegenleistung veräußert, heißt es in der Mitteilung. Benkos Anwalt Norbert Wess hatte in der Vergangenheit die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zurückgewiesen.
Vorwurf: "Geldkarussell"
Weitere Vorwürfe betreffen intransparente Vorgänge in der Signa. Wie die Staatsanwälte schreiben, soll Benko per "Geldkarussell" andere Gesellschafter verleitet haben, im Rahmen einer Kapitalerhöhung weiter Geld in Signa-Unternehmen zu investieren. Dies unter dem Vorwand, er würde selbst über die Familie Benko Privatstiftung Geld zuschießen. In Wirklichkeit soll Benko die Investments der Gesellschafter teils durch Überweisungen über mehrere Unternehmen hinweg "schlussendlich als seinen eigenen Beitrag zur Kapitalerhöhung ausgegeben haben", heißt es.
Den Verdacht der Untreue gegen Benko und andere Personen verfolgen die Staatsanwälte rund um die italienische Villa Eden Gardone. Es geht um ein mehrschichtiges Verkaufsgeschäft, bei dem die Signa schlecht ausstieg, während die beteiligten Privatstiftungen offenbar profitierten. Die Signa Holding GmbH soll eine luxemburgische Beteiligungsgesellschaft samt der dazugehörigen Gardasee-Villa an die liechtensteinische Ingbe Stiftung verkauft haben. Allerdings ohne ausreichenden Gegenwert. Die Signa Holding soll bei dem Deal keine adäquate Gegenleistung erhalten haben. Vielmehr hat die Signa umgekehrt der Ingbe Stiftung Anteile einer anderen Signa-Gesellschaft abgekauft, das jedoch zu einem überhöhten Kaufpreis, wie die Ermittler vermuten.
Ermittlungen auf Deutschland ausgedehnt
Ihre Benko-Signa-Ermittlungen hat die WKStA vor Kurzem auf das Immobilienprojekt "Franz" am Bahnhofsplatz in München ausgedehnt. Es geht um den Verdacht des Investmentbetrugs. Benko und ein weiterer Beschuldigter sollen einen ausländischen Staatsfonds veranlasst haben, über Anleihen in das Projekt zu investieren. Dabei soll der Anleiheerlös aber nicht zur Gänze in das vereinbarte Projekt investiert worden sein. Ein großer Teil sei zweckwidrig verwendet worden. Einer der Kooperationspartner von Benko war der Mubadala-Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi. Um in diesem Verfahrensstrang schneller voranzukommen, hat die WKStA ein Joint-Investigation-Team mit den Staatsanwaltschaften Berlin und München I eingerichtet.
Erneut Hausdurchsuchungen
Ebenfalls am Donnerstag führten Ermittler im Signa-Verfahrenskomplex Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten in Tirol, Vorarlberg und Wien durch. Es wurden Vermögenswerte und relevante Unterlagen sichergestellt sowie Datenträger und Daten beschlagnahmt, die nun ausgewertet werden. Bereits im Vorjahr hatte es Hausdurchsuchungen gegeben.
Zusätzlich zu den Faktoren, die am Donnerstag zur Festnahme führten, stehen hinter den neuen Hausdurchsuchungen die medial bereits bekannten Causen Chalet N. sowie der Verdacht des Kreditbetrugs. Rund um das Chalet N. am Arlberg wird gegen Benko, eine weitere beschuldigte Person sowie unbekannte Täter wegen Betrugs und Förderungsmissbrauch ermittelt. Es gibt Hinweise, wonach das als Hotel ausgewiesene Anwesen rein privat genutzt wurde und zu Unrecht Covid-Förderungen für Betriebe bezogen hat. In der Kredit-Causa untersucht die WKStA, ob die Signa ihre wirtschaftliche Situation geschönt dargestellt und somit eine Verlängerung eines Bankkredits erwirkt hat. Ermittelt wird gegen René Benko und eine weitere Person. Bekannt ist, dass die zur Grawe gehörende Schelhammer Capital Bank Benko wegen der Umstände einer Kreditverlängerung angezeigt hat. (eml)