Variabel verzinste Kredite: Sammelklage gegen Banken
Österreichs Banken müssen sich mit ersten Klagen wegen der Vergabe variabel verzinster Immobilienkreditverträge beschäftigen.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis der hohe Anteil der variabel verzinsten Kredite in Österreich die Gerichte beschäftigt. Anwälte beziehungsweise Sammelklagsplattformen haben das Thema für sich entdeckt und werben um Kunden.
Bei der Plattform Cobin Claims wird der exemplarische Fall eines Kunden vorgebracht, dem zum Verbleib im variablen Vertrag geraten wurde, obwohl er rechtzeitig in einen Fixzinskredit konvertieren wollte. Eine Sammelaktion, in der weitere Betroffene angesprochen werden, läuft.
Eine Sammelaktion wegen Schadenersatz infolge Falschberatungen hat auch der Verbraucherschutzverein (VSV) eingeleitet. Die Organisation berichtet von einem Kreditnehmer, dem noch im Jahr 2021 im Zuge einer Umschuldung geraten wurde, von einem günstigen Fixzinssatz auf eine variable Verzinsung umzustellen. Der Wiener Rechtsanwalt und VSV-Kooperationspartner Robert Haupt ortet eine provisionsgetriebene Fehlberatung – die Vergütung soll bei 4.500 Euro gelegen haben – und hat gegen die Bank und den Kreditvermittler eine Schadenersatzklage eingebracht.
Hoher variabler Anteil
In Österreich liegt der Anteil variabel verzinster Wohnkredite bei 50 Prozent. Im Euroraum sind es nur 23 Prozent, wie es beim VSV heißt. Im Nullzinsumfeld waren variable Verträge besonders günstig. Doch angesichts der zehnten Zinssteigerung der Europäischen Zentralbank (EZB) innerhalb von rund einem Jahr auf 4,5 Prozent kommen etliche dieser Kreditnehmer bei der Rückzahlung schwer unter Druck.
Banken hätten das Risiko von Zinssteigerungen auf den Kreditnehmer überwälzt, kritisiert der VSV. Wenn die Institute bei Kreditaufnahmen oder -änderungen von 2016 bis 2021 nur eine variable Verzinsung forciert und den Kunden nicht über den Unterschied zum Fixzinssatz und das Risiko naher Zinssteigerungen aufgeklärt haben, dann bestehe ein Anspruch auf Schadenersatz gegen die Bank, sagen die VSV-Juristen.
Ombudsstelle ortet ebenfalls Probleme
Dass der hohe variable Anteil zum juristischen Problem werden könnte, war schon länger klar. Vor einiger Zeit hatte die vom Konsumentenschutzministerium eingerichtete neue Ombudsstelle für Zahlungsprobleme auf das Thema hingewiesen. Am häufigsten werden dort Beschwerden zu Hypothekar- und Immobilienkrediten eingebracht. In ihrem Tätigkeitsbericht schreibt die Stelle, dass Klagen auf die Banken zukommen könnten. Es gebe Hinweise, dass oft die Bonität nicht ausreichend geprüft wurde. Banken müssten damit rechnen, dass die Zinsen auf historisch übliche Levels zurücksteigen. Kann ein Kunde solche Niveaus nicht stemmen, dürfe kein variabel verzinster Kredit vergeben werden (die Redaktion berichtete).
Dem gegenüber steht, dass Konsumenten sowohl von der Aufsicht (FMA) als auch von Verbraucherschützern in den vergangenen Jahren wiederholt zum selbstverantwortlichen Handeln aufgerufen wurden. Angesichts rekordtiefer Zinsen lautete die Empfehlung, einen Kredit mit fixer Zinsbindung zu wählen. (eml)