Der Rechtsstreit um die von Donald Trump weltweit verhängten Zölle spitzt sich zu. Ein Berufungsgericht in Washington entschied, dass die Abgaben unter dem Notstandsgesetz unrechtmäßig verhängt wurden – und verschärfte damit die Unsicherheit im Welthandel.

Das Urteil fiel mit sieben zu vier Stimmen. Zwar bestätigten die Richter die Entscheidung des Handelsgerichts vom Mai, die Zölle für illegal zu erklären. Gleichzeitig ließen sie die Abgaben jedoch vorerst bis zum 14. Oktober bestehen.

Nächste Instanz: Supreme Court?
Wie es weitergeht, ist offen. Die US-Regierung könnte den Fall vor den Obersten Gerichtshof bringen oder eine engere Auslegung durch das Handelsgericht anstreben.

"Unsere Handelspartner müssen fassungslos und verwirrt sein", schrieb Wendy Cutler, Vizepräsidentin des Asia Society Policy Institute und frühere US-Handelsdiplomatin, auf Linkedin. "Viele von ihnen haben Rahmenabkommen mit uns geschlossen, einige verhandeln noch."

Milliardenrisiko für die USA
Der Fall betrifft Billionen US-Dollar im Welthandel. Kläger sind unter anderem demokratisch geführte Bundesstaaten und kleinere Unternehmen. Ein endgültiges Urteil gegen die Zölle könnte Rückforderungen in Höhe von Hunderten Milliarden Dollar nach sich ziehen.

"Es ist sehr befriedigend", sagte Elana Ruffman, deren familiengeführtes Spielzeugunternehmen erfolgreich gegen Trumps Zölle vorging. "Es ist großartig, dass das Gericht mit uns übereinstimmt, dass die Umsetzung dieser Zölle nicht legal ist."

Handelsanwältin Mollie Sitkowski betonte, das Urteil gelte nicht für alle Fälle – etwa nicht für Zölle gegen Brasilien oder Indien. Auch die Abschaffung der "de minimis"-Ausnahme bei Paketen unter 800 Dollar sei nicht betroffen.

Gericht rügt Missbrauch des Notstandsgesetzes
Das Gericht stellte klar: Trump habe den IEEPA missbraucht. Das Gesetz sei nie für Zölle vorgesehen gewesen. "Ein weiteres Mal hat ein Gericht entschieden, dass der Präsident keinen erfundenen wirtschaftlichen Notstand herbeireden kann, um Milliarden Dollar an Zöllen zu rechtfertigen", erklärte New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James.

Das Urteil betrifft Trumps "Liberation Day"-Zölle von mindestens zehn Prozent sowie Sonderabgaben auf Mexiko, China und Kanada, die er mit der Fentanyl-Krise begründete. Auch die sogenannten "reziproken Zölle" für Staaten ohne Abkommen seit dem 7. August sind betroffen.

"Gefährliche diplomatische Blamage"
Schon vor der Entscheidung warnte Finanzminister Scott Bessent vor "gefährlicher diplomatischer Blamage". Trump selbst schrieb nach dem Urteil auf X, ein Ende der Zölle wäre "eine totale Katastrophe für das Land". (mb/Bloomberg)