Mit einem Gesetz, das die Bestellung eines Kurators im Pleitefall regelt, schlagen sich momentan Anleihegläubiger im Rahmen der Signa-Insolvenz herum. Nach dem Gesetz über die "gemeinsame Vertretung der Rechte der Besitzer von auf Inhaber lautenden oder durch Indossament übertragbaren Theilschuldverschreibungen", wie es bis heute im besten k.u.k.-Beamtenösterreichisch heißt, kann ein sogenannter Kurator eingesetzt werden, der die Rechte der Anleihegläubiger kollektiv vertritt. Die Signa Development hat das für ihre 300 Millionen Euro schwere Anleihe empfohlen.

Der Insolvenzverwalter und das Handelsgericht haben bisher keinen Kurator ernannt, und einige Bond-Anleger haben über den Treuhänder Deloitte bereits Einspruch dagegen angemeldet, wie mit der Situation vertraute Kreise berichten. Sprecher der Beteiligten äußerten sich zunächst nicht auf Anfragen.

Gesetz von 1874
Das von Kaiser Franz-Joseph im Jahr 1874 erlassene Gesetz kommt zwar nur selten zur Anwendung, da Insolvenzen von Unternehmen mit Anleihen in Österreich selten sind, es sorgt aber immer wieder für konsternierte Gesichter bei ausländischen Investoren. Im Ergebnis bedeutet es, dass sie nicht selbst mit am Tisch sitzen, wenn Insolvenz oder Restrukturierung verhandelt werden.

"Das österreichische Gesetz wurde mit dem Ziel geschrieben, Kleinanleger zu schützen und ihnen ein Mitspracherecht in dem gesamten Verfahren zu sichern", sagt Susanne Kalss, Jura-Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien. "Es ist nicht wirklich für eine Situation geeignet, in der es große institutionelle Fonds gibt, die in der Lage sind, ihre eigenen Forderungen zu vertreten", so die Expertin.

Großanleger
Zu den größten Eigentümern der Signa-Development-Anleihe gehört Arini, ein auf Kredite spezialisierter Fonds des früheren Credit-Suisse-Starhändlers Hamza Lemssouguer, wie "Bloomberg" bereits früher berichtet hat. Arini äußert sich zu dem Thema nicht. Die Anleihen werden inzwischen nur noch mit weniger als sechs Cent je Euro Nennwert gehandelt. Schon vor der Insolvenzanmeldung haben sie einen Großteil ihres Wertes verloren, unter anderem nachdem sich herausstellte, dass Signa Development offenbar Hunderte von Millionen an Schwesterfirmen ausgereicht hatte.

Die wichtigsten Firmen aus dem Signa-Konglomerat – neben der Development noch die Edelsparte Prime und die zentrale Holding – versuchen jeweils, eine Sanierung in Eigenverwaltung zu erreichen. Dabei würden die Gläubiger innerhalb von zwei Jahren mindestens 30 Prozent der geschuldeten Summe erhalten. Die Gläubiger müssen dieser Lösung zustimmen. Die ersten Treffen der Gläubiger von Development und Prime sind für Montag (15.1.) angesetzt. 

Kuratorengesetz
Das Kuratorengesetz wurde nach dem Wiener Börsenkrach von 1873 eingeführt, um Anlegern – in der Regel vermögende Privatpersonen und nicht Institutionen – schnellere und gerechtere Lösungen zu bieten. In jüngerer Zeit taucht der Kurator nur noch selten bei Insolvenzen auf. Allerdings war er in den letzten Jahrzehnten in einigen der größten österreichischen Insolvenzen vertreten, etwa bei der des Industrieunternehmens A-Tec Industries im Jahr 2010.

Da das Gesetz bei ausländischen Investoren immer wieder auf ungläubiges Stirnrunzeln stößt, weisen viele Emittenten in Anleiheprospekten explizit darauf hin. Unlängst schrieb etwa der Ziegelhersteller Wienerberger in seinen Prospekt, die Ernennung eines Kurators könne "im Widerspruch zu den Interessen einzelner oder aller Anleihegläubiger stehen oder diese anderweitig beeinträchtigen".

OHG-Urteil
Im Anleiheprospekt der Signa Development ist davon jedoch keine Rede, obwohl andere Aspekte der österreichischen Insolvenzordnung beschrieben werden. Tatsächlich sind einige Gläubiger sogar vor Gericht gezogen, weil sie mit der Arbeit der Kuratoren nicht zufrieden waren. Im Fall A-Tec ging ein Verfahren bis zum Obersten Gerichtshof, der anders als die Vorinstanzen entschied, dass die Situation des Investors individuell genug war, um eine eigenständige Vertretung zu rechtfertigen. Dieser Präzedenzfall dürfte nun auch von den Signa-Gläubigern studiert werden.

"Der Kurator wird nicht gegen ihre Interessen handeln, aber er muss die Interessen aller Anleihegläubiger im Blick haben", sagte Kalss. "Es gilt nicht: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, oder dass die stärksten Anleihegläubiger am meisten bekommen." (Bloomberg/eml)