Rolle rückwärts: ESMA will Research wieder mit Handel bündeln
Die europäische Börsenaufsicht hatte 2018 eine strikte Trennung zwischen Handelsaufträgen und Kosten für Finanzmarktresearch eingeführt. Dies hat auch die Fondsbranche getroffen, die seither Ausgaben für Studien externer Anbieter selbst stemmt. Nun dreht die ESMA dieses Unbundling zurück.
Die europäische Finanzaufsicht ESMA zieht nun konkret in Betracht, dass die Kosten für Finanzresearch wieder mit Handelsaufträgen verknüpft werden dürfen. Sie hat eine Konsultation unter den Marktteilnehmern gestartet. Im Jahr 2018 war es mit Einführung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II untersagt worden, dass Investmentbanken und Broker ihren Kunden Analysen und Studien zu Aktien oder Anleihen anbieten und die Kosten im Gegenzug mit Handelsaufträgen verrechnen dürfen. Die zuvor geübte Praxis hatten die Aufseher als zu intransparent erachtet.
Die Änderung hatte erhebliche Auswirkungen auf die Finanzbranche und auch das Asset Management. So standen die Fondsgesellschaften vor der Wahl, die Ausgaben für externes Research entweder den jeweiligen Portfolios und damit den Anteilseignern der Fonds zuzuweisen oder die Kosten auf die eigene Gewinn-und-Verlust-Rechnung zu nehmen. Die Mehrheit der Fondsgesellschaften entschloss sich damals, die Researchkosten selbst zu tragen. Dies zeigten Zählungen unter anderem von FONDS professionell.
"Wichtiges Signal"
Kritiker bemängelten, dass im Zuge des Unbundlings der Markt für Finanzresearch ausgetrocknet sei. Insbesondere bei Nebenwerten sei die Abdeckung durch Analystenstudien deutlich zurückgegangen. Daneben deckten Untersuchungen enorme Preisunterschiede bei der Abrechnung von Research auf – je nachdem, wer die Analysen abnimmt. Die britische Finanzaufsicht FCA etwa entgegnete, dass die Regelung Anlegern Millionenbeträge einspare.
Zu den Skeptikern zählte auch der deutsche Analystenverband DVFA. "Die DVFA war bereits bei Einführung von Mifid II ein großer Kritiker des Unbundlings", sagt Thorsten Müller, Vorstandsvorsitzender der DVFA, einer Mitteilung zufolge. Der Co-Vorsitzende Roger Peeters ergänzt: "Wir halten es für ein wichtiges Signal für alle Kapitalmarktteilnehmer, dass die ESMA eine vom Markt als kritisch eingestufte Regulierung wieder zurücknehmen möchte. Eben weil eine Rücknahme einer Regulierung selten ist, befürworten wir diesen Schritt ausdrücklich."
Fonds vor übermäßigen Kosten schützen
Der Prozess sei jedoch langwierig. Die Branche habe sich lange vorbereiten müssen. So waren erste Überlegungen, die Reform zurückzudrehen, bereits im Jahr 2023 aufgekommen. "Dies unterstreicht die erhebliche Verantwortung des Regulators, da regulatorische Vorgaben nicht beliebig ein- oder ausgeschaltet werden können", heißt es in der DVFA-Mitteilung weiter. "Fraglich ist nun, ob die Marktteilnehmer zum Bundling zurückkehren, da eine abermalige Anpassung der IT-Systeme und Prozesse erneute hohe Kosten verursachen würde."
Die DVFA erachtet es zudem als äußerst kritisch, dass "die Konsultation offenlegt, wie die wahrscheinliche Rückkehr zum Bundling erneut mit zahlreichen Detailanforderungen verknüpft werden soll, um beispielsweise Fonds vor übermäßigen Kosten zu schützen", moniert der Analystenverband. (ert)