EU-Quellensteuern: Grünes Licht für Erleichterungen
Anleger erhalten in EU-Staaten zu viel gezahlte Steuern auf Dividenden und Zinsen ab 2030 schneller zurück. Der EU-Ministerrat hat die entsprechende Richtlinie final beschlossen.
In der leidigen und milliardenschweren Problematik der schleppenden Quellensteuerrückerstattungen können sich Anleger nun endlich Hoffnungen auf eine Verbesserung machen. Die EU schreibt schnellere Erstattungssysteme vor. Allerdings bekommen die Staaten lange Zeit zur Umsetzung.
Die neue europäische "Richtlinie des Rates über schnellere und sicherere Verfahren für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern" – oder kurz "Faster" – tritt Anfang 2030 in Kraft. Das sogenannte Konsultationsverfahren, welches die EU in speziellen Gesetzgebungsverfahren wie Steuerangelegenheiten anwendet und bei dem der EU-Ministerrat alleiniger Gesetzgeber ist, wurde nun final abgeschlossen. Das teilte die EU-Kommission am Dienstag (10.12.) mit.
Die EU will mit dem neuen Gesetz das Problem lösen, dass Anleger, die grenzüberschreitend investieren, häufig doppelte Steuern auf die Erträge zahlen: Zum einen die Quellensteuer im Land der Investition, zum anderen in der Heimat Abgaben auf die Kapitalerträge. Zwar haben fast alle Staaten untereinander Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. Allerdings bleibt am Ende bei vielen Staaten trotzdem noch immer ein Rest, der durch das DBA nicht kompensiert wird. Diesen zurückzuholen, ist oft kompliziert, teuer (Formularkosten oder Gebühren für Bestätigungen von der Depotbank), und in vielen Ländern erhält man schlicht aufgrund behördlicher Trägheit nichts zurück. Italien gilt diesbezüglich als besonders aussichtslos. Laut EU-Kommission zahlen Anleger und Investoren aufgrund dieses nicht funktionierenden Ausgleichs jährlich 6,62 Milliarden Euro zu viel.
EU-weiter Steuernachweis
Der finale Text der Direktive enthält nur unwesentliche inhaltliche Änderungen im Vergleich zu dem Entwurf vom Mai dieses Jahres. Das von der EU-Kommission nicht beschlossene, aber angestoßene Gesetz sieht im Kern vor, dass Steuerzahler künftig bei den Finanzämtern das digitale "electronic Tax Residence Certificate", kurz "eTRC", beantragen können, das innerhalb von 14 Kalendertagen ausgestellt werden muss. Dieser Nachweis soll EU-weit einheitlich sein und alle nötigen Informationen zum Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit einer Person enthalten, eingeschlossen Hinweise zu den Doppelabkommen und zum Zeitraum der Gültigkeit.
Mit dem "eTRC" können Anleger dann zwei Verfahren nutzen. Zum einen die "Steuererleichterung an der Quelle", wobei Anleger beantragen, dass direkt bei der Auszahlung der Dividenden oder Kupons nur der im Doppelbesteuerungsabkommen vereinbarte Steuersatz abgezogen wird. Zum anderen die "Schnellerstattung", durch die zu viel gezahlte Steuern innerhalb von 60 Tagen erstattet werden. Hier muss der Antrag von einem "zertifizierten Finanzintermediär" (Banken oder Anlageplattformen) eingereicht werden, den die Steuerbehörde des Quellenlandes dann bearbeitet.
Allerdings gelten diese Regeln nur bedingt für Fonds, da die genaue Ausgestaltung der Doppelabkommen entscheidend ist. Fonds sind außerdem nicht immer berechtigt, Erstattungen zu erhalten.
Ausnahme für Österreich?
Inwieweit Österreich die Maßnahmen umsetzen muss, ist noch ungeklärt. Die Richtlinie sieht einige Ausnahmen vor. Mitgliedsstaaten mit kleineren Kapitalmärkten, deren Marktkapitalisierungsquote (Größe der Wertpapiermärkte gemäß ESMA-Definition im Vergleich zur EU) in den kommenden vier Jahren nicht über 1,5 Prozent liegt, müssen die Regeln nicht vollständig anwenden, wenn sie zudem eine Reduktion der Quellensteuer bei Auszahlung der Dividenden anbieten.
"Sollte sich nichts Gravierendes verschieben, müssten nur Frankreich, Deutschland, Schweden, die Niederlande, Spanien, Italien, Irland, Dänemark, Belgien und Finnland sicher die 'Faster'-Auflagen erfüllen. Österreich ist Wackelkandidat", so Manfred Artmeier, Vertriebs- und Serviceleiter des auf Quellensteuersoftware spezialisierten Fintechs Raquest.
Zeitplan von "Faster"
Die Direktive geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission vom 19. Juni 2023 zurück. Wegen des besonderen Konsultationsverfahrens mit dem EU-Rat als alleinigem Gesetzgeber musste das Parlament nur konsultiert werden. Seine Stellungnahme gab das Parlament Ende Februar ab und, nachdem der Rat selbst die Richtlinie zwischenzeitlich geändert hatte, am 14. November. Die Direktive wird jetzt im EU-Amtsblatt veröffentlicht, die Mitgliedsstaaten haben bis Ende 2028 Zeit, die Regeln in nationale Gesetze umzusetzen, die dann ab dem 1. Januar 2030 in Kraft treten. (jb/eml)