Provisionsverbot: EU-Kommission lässt nicht locker
Erst kürzlich machte Europas oberste Wertpapieraufseherin deutlich, dass die Diskussion um ein Provisionsverbot keineswegs beendet ist. Nun legt die zuständige Kommissarin aus Brüssel nach.
Die Europäische Kommission prüft im Zuge ihrer sogenannten Retail-Investment-Strategie ein mögliches Provisionsverbot in der Anlageberatung. Das geht aus einem Brief der Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness an den Europaabgeordneten Markus Ferber hervor, aus dem die "Börsen-Zeitung" zitiert. Die Retail-Investment-Strategie ist Teil der Kapitalmarktunion-Agenda der Europäischen Kommission. Die Vorschläge könnten noch im ersten Quartal 2023 veröffentlicht werden, berichtet die Zeitung.
Der Kommissarin zufolge sind die Beratungen noch nicht abgeschlossen. Den aktuellen Erkenntnissen zufolge hätten die Mifid-II-Regeln jedoch noch nicht zu einer stärkeren Etablierung der unabhängigen Anlageberatung geführt. Stattdessen würden Privatanlegern oft überteuerte Produkte verkauft. McGuinness beziffert den Preisaufschlag zu billigeren Alternativen auf im Durchschnitt rund 35 Prozent.
Mehr Transparenz reicht der Kommissarin wohl nicht
Die Kommissarin verweist auch auf die Niederlande und Großbritannien, wo das Zuwendungsverbot zu sinkenden Produktkosten und zu einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis für Anleger geführt habe. Zuletzt hatte Verena Ross, die Chefin der EU-Wertpapieraufsicht ESMA, im Interview mit FONDS professionell betont, dass ein generelles Provisionsverbot weiter diskutiert wird.
Mehr Transparenz würde die Situation McGuinness zufolge nicht verbessern, denn viele Verbraucher würden gar nicht verstehen, welche Rolle die Zuwendungen für die Berater und die Performance spielten. "Eine verbesserte Offenlegung trägt daher möglicherweise nicht wesentlich zu einer gut informierten Entscheidung und besseren Anlageergebnissen bei", zitiert die "Börsen-Zeitung" aus dem Brief.
Honorarberatung gegen eine "erschwingliche Gebühr"?
Ein Zuwendungsverbot könne die Banken zwar dazu zwingen, ihr Geschäftsmodell zu überarbeiten, werde die Institute aber "nicht daran hindern, ihre Produkte zu verkaufen und Gewinne zu erzielen", schreibt McGuinness. Ihrer Argumentation zufolge sollte eine Honorarberatung "in der Regel zu einer für Kleinanleger erschwinglichen Gebühr" möglich sein. Beratung, insbesondere Robo- oder automatisierte Beratung, müsse nicht teuer sein, so die Irin.
Jüngst hatten sieben europäische Banken- und Kapitalmarktverbände in einem Brief an die EU-Kommission vor den Folgen eines Provisionsverbots gewarnt. "Die Qualität der Beratung ist nicht von der Form der Vergütung abhängig", hieß es dem Zeitungsartikel zufolge in dem gemeinsamen Schreiben. (bm)