Bereits seit fast zwei Jahren, nämlich seit März 2021, ist die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) in Kraft. Sie verlangt, dass Unternehmen den Kunden erklären, auf welche Weise sie selbst oder ihre Produkte zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen. Seit Beginn dieses Jahres sind nun schlussendlich auch die dazugehörenden technischen Regulierungsstandards (RTS) anzuwenden. Diese in Form einer "Delegierten Verordnung" (DelVO 2022/1288) erlassenen Regeln konkretisieren die Offenlegungsverordnung; sie zeigen, wie die Nachhaltigkeitsinformationen in der Praxis genau dargestellt werden sollen.

War die Anwendung der RTS bisher nur empfohlen, so gilt nun ein EU-weit einheitlicher Standard: Am Ende der DelVO hat die EU-Kommission in den Anlagen 1 bis 5 zahlreiche Seiten an Vorlagen und Formulare angefügt, die die Verpflichteten (laut Verordnung "Finanzmarktteilnehmer" und "Finanzberater") für die vorvertraglichen oder laufenden Informationen verwenden sollen.

Viele Anhänge – Ausfüllversion auf Deutsch fehlt noch
Allerdings: An ihrer eigenen Nutzerfreundlichkeit muss die Kommission noch arbeiten. Denn bisher können nur englischsprachige Anwender diese Vorlagen auch wirklich in der ausfüllbaren Version herunterladen. Alle anderssprachigen Nutzer müssen bis jetzt umständlich Konvertierungen aus der DelVo vornehmen oder eigene Darstellungen anfertigen, um die im Arbeitsalltag nötigen bearbeitbaren Formblätter möglichst originalgetreu verwenden zu können. Die Wiener Wirtschaftsrechtskanzlei Dorda stellt diese für die tägliche Praxis erforderlichen Ausfüllversionen nun in deutscher Sprache zum Download öffentlich zur Verfügung (externer Link).

Die Dateien seien voll bearbeitbar, einschließlich der darin enthaltenen Grafiken, so die Kanzlei. Dennoch warnen die Juristen davor, wesentliche Veränderungen vorzunehmen. Der Kommission gehe es mit der Verordnung um Vergleichbarkeit. Vorgaben der Anhänge seien möglichst wort- und farbgetreu einzuhalten, betonen die Dorda-Rechtsanwälte Andreas Zahradnik und Christian Richter-Schöller. Sie raten zur Vorsicht bei Anpassungen am Text, der Struktur der vorgegebenen Fragen oder am Layout.

Struktur der DelVO-Anhänge
Die vorvertraglichen Informationspflichten und die regelmäßigen Informationspflichten sind in Form der Anhänge 2 bis 5 zu erfüllen. Anhang 1 wiederum enthält eine Liste der "Principle Adverse Impact"-Indikatoren (wichtigste nachteilige Auswirkungen, PAI). Hier müssen die Verpflichteten zahlreiche Faktoren vom CO2-Ausstoß über die Wasserverschmutzung bis hin zu sozialen Verhaltensweisen beurteilen.

Die PAI-Indikatoren sind laut den Dorda-Experten im Wesentlichen dann relevant, wenn entweder auf Unternehmensebene die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen der Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt werden oder wenn auf Produktebene ein Mindestmaß an nachhaltigen Investitionen im Sinn der Offenlegungsverordnung angegeben wird.

Beurteilung oft nur im Einzelfall möglich
Verpflichtete, denen die Angaben nach den Indikatoren der Tabelle 1 Kopfzerbrechen bereitet, sind nicht allein. So dürften Angaben zum CO2-Ausstoß mittlerweile zwar vergleichsweise einfach möglich sein. Hingegen gibt es für viele andere Indikatoren heute noch keine ausreichende Datengrundlagen.

Die Wirtschaftsanwälte Zahradnik und Richter-Schöller betonen, dass sich die betroffenen Unternehmen hier an Q&A-Dokumente und Leitfäden halten müssten, in denen die Behörden bestimmte alternative Maßnahmen vorsehen (etwa Schätzungen). Die richtige Vorgehensweise sei jedoch im Einzelfall zu bestimmen und richte sich insbesondere nach der jeweiligen Investition – etwa direkt in Unternehmen oder indirekt über Fonds, heißt es bei der Rechtsanwaltskanzlei, die in den vergangenen Jahren eine eigene Nachhaltigkeitsdivision aufgebaut hat. (eml)