Seit dem Frühjahr 2023 steigen die Arbeitslosenzahlen in Österreich jeden Monat. Per Ende September 2025 wurde eine Marke von sieben Prozent erreicht. Problematisch ist das auch für das ohnehin belastete Pensionssystem, weil diesem weniger Einzahlungen zufließen. "In einem Umlagesystem können wir uns hohe Arbeitslosenzahlen nicht leisten", warnte die Ökonomin Christine Mayrhuber unlängst bei einer Diskussionsveranstaltung im Wiener Ringturm.

"Kurzfristig ist es dringend notwendig, auf der Einnahmenseite etwas zu tun", appellierte Mayrhuber an die Politik. Es brauche ein gezieltes Arbeitsmarktprogramm. Vor allem Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit bei älteren Arbeitnehmern würden auch kurzfristig einen Effekt bewirken, sagte die Vizedirektorin des Wifo und Chefin der Alterssicherungskommission.

Anhebung auf 67 Jahre
Dass langfristig das Pensionsantrittsalter weiter angehoben werden muss, ist aus Sicht Mayrhubers klar. Insbesondere für Arbeitnehmer, die aufgrund längerer Ausbildungszeiten später ins Erwerbsleben einsteigen, sei eine Anhebung auf 67 Jahre vorstellbar. Dies in einem Zeitrahmen von 2040 bis 2045. Raschere Schritte dürften jedoch momentan sowohl politisch als auch juristisch schwierig werden, so Mayrhuber.

Seit Beginn 2024 wird in Österreich bereits das Frauenpensionsalter, das bis dahin bei 60 Jahren gelegen hatte, stufenweise an die 65 Jahre der Männer angepasst. Der Prozess ist 2033 abgeschlossen. Eine Anhebung um fünf Jahre innerhalb von zehn Jahren sei international ein sehr rasches Tempo, betonte Mayrhuber.

Frauen erst seit 1975 frei in der Jobwahl
Dass das Regelpensionsalter nicht früher angeglichen wurde, sei aus dem geschichtlichen Kontext argumentierbar: Erst mit den Familienrechtsreformen ab 1975 durften Frauen erstmals gesetzlich nach freiem Willen am Arbeitsmarkt teilnehmen. Davor war die Zustimmung des Familienoberhauptes nötig, das bis dahin der Ehemann war. Politisch bestand ein Konsens, dass zumindest eine Generation an Frauen den Arbeitsmarkt durchlaufen sollte, bevor es zu einer Gleichstellung beim Pensionsalter kommt.

Ralph Müller, Chef der Wiener Städtischen Versicherung, mahnte, dass angesichts des überforderten Pensionssystems die private Vorsorge nicht rasch genug steige. Momentan sei privates Kapital in Höhe von 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) am Kapitalmarkt in der zweiten und dritten Säule veranlagt. Allein um diesen Wert bis 2030 auf 23 Prozent des BIPs zu steigern, bräuchte man um 50 bis 70 Prozent mehr Neugeschäft, was illusorisch sei.

Parteien bereit, Budgetlage prekär
In den kommenden zwei bis drei Jahren erwarte er aufgrund der klammen Budgetlage keine größeren Förderungen der privaten Vorsorge durch den Staat, sagte Müller. Dennoch sehe er bei allen Parteien grundsätzlich eine Bereitschaft für Maßnahmen, etwa für die Anhebung des steuer- und abgabenfreien Betrags von 300 Euro bei der betrieblichen Pensionsvorsorge (§3 EstG) auf rund 1.200 Euro. (eml)